Haiti fünf Jahre nach dem Erdbeben

12.01.2015 - GIZ-Experte Berthold Bös berichtet

Am 12. Januar 2010 ereignete sich in Haiti ein schweres Erdbeben, bei dem hunderttausende Menschen ihr Leben und ihre Existenz verloren. Nach der Katastrophe leistete die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umfangreiche Unterstützung. Berthold Bös war von 2010 bis 2013 vor Ort und koordinierte die Not- und Übergangshilfe. Im Interview berichtet er von seiner Arbeit.

Herr Bös, Sie waren unmittelbar nach dem Erdbeben auf Haiti und haben dort Unterstützung geleistet. Wie sahen die ersten Schritte aus?

Das Einsatzgebiet der GIZ lag in der Region rund um die Stadt Léogâne, also direkt im Epizentrum des Erdbebens. Dort waren nach dem Erdbeben beinahe alle Häuser zerstört, die Infrastruktur war komplett zusammengebrochen. Zunächst haben wir die Bevölkerung mit dem Nötigsten versorgt und rund 1,3 Millionen Rationen Nahrungsmittel und Trinkwasser verteilt. In einem zweiten Schritt war es wichtig, dass die Menschen wieder ein Dach über dem Kopf bekamen. Dazu haben wir 3.500 Übergangsunterkünfte gebaut, in denen knapp 12.000 Menschen eine Zuflucht fanden. Diese Unterkünfte haben nach dem Erdbeben mehreren Hurrikans standgehalten und sogar weitere Nachbeben überstanden.

So eine Katastrophe wirkt sich auch auf die Gesundheitsversorgung aus. Was haben Sie in diesem Bereich unternommen?

Die Gesundheitsversorgung Haitis war nach dem Erdbeben fast vollständig zusammengebrochen. Hinzu kommt, dass Haiti ein sehr bergiges, unwegsames Land ist und die Menschen deswegen manchmal mehrere Tage bis zur nächsten größeren Stadt mit einem Krankenhaus brauchen. Die GIZ hat nach der Katastrophe in Kooperation mit den Johannitern sechs Gesundheitszentren aufgebaut. Ein solches Gesundheitszentrum kann bis zu 50.000 Menschen versorgen, so dass zum Beispiel Menschen, die Opfer eines Unfalls geworden sind, schnell Hilfe erhalten können.

Die Menschen brauchten ja nach dem Erdbeben eine Perspektive. Wie konnten Sie hier Unterstützung leisten?

Richtig, die meisten Menschen hatten nach der Katastrophe ihr Einkommen verloren, auch Geldüberweisungen aus dem Ausland haben lange Zeit nicht funktioniert. Aber beim Wiederaufbau der Häuser und der Infrastruktur wurden natürlich viele Arbeitskräfte benötigt und dazu haben wir mehr als eintausend Menschen vom Fleck weg rekrutiert und in Arbeit gebracht. Nicht nur, dass sie dadurch Geld verdienen konnten um ihre Familien zu ernähren. Gleichzeitig haben die Menschen von der GIZ Trainings in Bautechnik erhalten, die sie auch für andere Jobs qualifiziert haben. Als wichtigen Wirtschaftszeig haben wir außerdem die Fischerei gefördert. Dazu wurden sechs Fischereizentren gegründet, in denen Fischer Ausrüstungsgegenstände, wie Netze, Reusen und Angelgeräte erhalten und ihren Fang weiter verarbeiten und vermarkten können. Außerdem haben wir gemeinsam mit den Fischern einen neuen Bootstyp entwickelt. Vor dem Erdbeben fischten die Fischer mit sehr kleinen Booten in Küstennähe, meist fingen sie dort nur wenige, recht kleine Fische. Mit den neuen Booten können sie nun weiter aufs Meer hinaus fahren und dort mehr und größere Fische fangen. Dadurch steigern sie einerseits ihr Einkommen und tragen außerdem zur wirtschaftlichen Entwicklung Haitis bei.