Mehr Rechtssicherheit in Afghanistan

22.07.2015 – Nach Jahrzehnten der bewaffneten Konflikte gab sich Afghanistan eine neue Verfassung. Die GIZ unterstützt das Land, die bestehenden Gesetze mit Leben zu füllen.

Seit 2003 unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Afghanistan im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Regierung bei der Reformierung des afghanischen Rechtssystems.

Noch immer orientieren sich viele Afghanen an traditionellen und informellen Strukturen. Diese stehen oft in direktem Widerspruch zu den Inhalten der im Jahre 2004 verabschiedeten Verfassung. Juristische Institutionen wie Gericht, Staatsanwaltschaft oder Justizministerium, genießen wenig Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Zudem mangelt es den Institutionen an der Koordination untereinander.

Ein wichtiger Schritt, um die bestehenden Gesetze mit Leben zu füllen, ist, mehr Bürgern den Weg zu Gerichten und kompetenten Anwälten zu ebnen. Daher wurde mit Unterstützung der GIZ ein Rechtsinformationsbüro in der Stadt Mazar-e Scharif eingerichtet. Seit Mai 2014 erhalten Ratsuchende direkt an der Blauen Moschee, mitten im Zentrum der Stadt, schnell und verständlich Informationen zu den verschiedensten Rechtsfragen. Ständiger Ansprechpartner ist ein von der GIZ geschulter Berater des Justizministeriums, der von Studenten der juristischen Fakultät unterstützt wird.

„Da viele Afghanen nur begrenztes Wissen über ihre Rechte haben, bekommen sie in der Beratungsstelle juristische Einschätzungen sowie Hilfe bei der Suche nach Anwälten und beim Verfassen von Anträgen, Widersprüchen und Ähnlichem“, sagt Bernd Messerschmidt. Er ist in der GIZ zuständig für das Programm, das den afghanischen Rechtsstaat fördert. „Am häufigsten handelt es sich um zivilrechtliche Fragen, wie Land- und Erbstreitigkeiten oder um Fälle von häuslicher Gewalt“, berichtet Messerschmidt weiter.

Ein wichtiger Bestandteil des Büros ist die integrierte Leihbibliothek. In Afghanistan ist die Verfügbarkeit von Literatur keine Selbstverständlichkeit. Viele Studenten nehmen daher die Möglichkeit wahr, unmittelbar im Stadtzentrum von Mazar-e Scharif zu lesen und zu lernen sowie Bücher zu leihen.

Die GIZ unterstützt im Auftrag des BMZ derzeit den Aufbau der Rechtsstaatlichkeit in Afghanistan. So wurden mehrere Universitäten mit juristischen Bibliotheken ausgestattet. In Kunduz eröffnete das erste regionale Büro der afghanischen Anwaltskammer, wodurch dort die Zahl der zugelassenen Anwälte von 12 auf 70 erhöht werden konnte. Frauen werden bei ihrer juristischen Ausbildung besonders gefördert. An der Universität in Mazar-e Scharif stehen ihnen nun eigene Lernräume sowie ein Computerlabor zur Verfügung. Jungen Absolventinnen werden gezielt Berufspraktika vermittelt. Waren im Jahr 2013 erst 361 weibliche Anwälte registriert, konnten im Jahr darauf bereits 565 gezählt werden.