Neue Perspektiven für Flüchtlinge

10.09.2015 – Wenn das Überleben und die materiellen Grundbedürfnisse gesichert sind, können Flüchtlinge im Nahen Osten und anderswo beginnen, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Laut der Vereinten Nationen sind aktuell knapp 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen zählt allein fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge, die durch bewaffnete Auseinandersetzungen und Kriege seit den 1940er Jahren vertrieben wurden. Sie leben überwiegend in Gaza, der Westbank und den Anrainerstaaten Libanon, Jordanien und Syrien, viele von ihnen immer noch in Flüchtlingslagern. Nun kommen weitere unzählige Menschen hinzu, die in Syrien und Irak um ihr Leben fürchten. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH unterstützt die Flüchtlinge, damit sie trotz der schwierigen Situation wieder neuen Lebensmut fassen und einen Sinn in ihrem Leben erkennen können. Das bewahrt viele vor Radikalisierung und Extremismus.

Die Arbeit im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzt auf der individuellen Ebene an, um das Selbstwertgefühl zu stärken. Die Flüchtlinge sollen die Erfahrung zurückgewinnen, die eigenen Lebensbedingungen gestalten zu können. So wie die Jugendlichen in Husn Camp in Jordanien, ein Flüchtlingslager, das in den vergangenen knapp 50 Jahren seines Bestehens zu einer 25.000-Einwohnerstadt aus ärmlichen Steinhäusern herangewachsen ist: Eine Gruppe von jungen Leuten hatte die Idee, die Gebäude mit Farbe anzustreichen. Angeleitet von der GIZ lernten sie in Workshops zu argumentieren, beharrlich andere Jugendliche zur Unterstützung zu werben, führten endlose Gespräche mit Hausbesitzern, um sie zur Teilnahme zu bewegen. Mit Erfolg! Praktisch alle machten mit.

Das „bunte Projekt“ sorgte für Stolz bei den Bewohnern – und landesweit für Schlagzeilen. Sogar internationale Medien berichteten. Die Jugendlichen selbst brachte es in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit weiter. „Wir haben die Selbsthilfegruppen und Flüchtlings-Komites der jungen Leute unterstützt, um ihnen eine Organisationsstruktur zu verschaffen“, sagt Gudrun Kramer, die für die GIZ mit den Flüchtlingen arbeitet. Die Vorurteile gegenüber Husn Camp sind zurückgegangen, die Bewohner finden heute im Umland leichter eine Arbeitsstelle.

Landesweit treten Flüchtlingsvertreter in öffentlichen Dialogrunden auf und tragen zur Meinungsbildung bei. Zudem unterstützt die GIZ im Auftrag des BMZ den Austausch zwischen Flüchtlingsorganisationen, den Gemeindeverwaltungen, internationalen Hilfsorganisationen und den Regierungen in Libanon, Jordanien und den palästinensischen Gebieten. „Die Arbeit führt zu mehr Akzeptanz in den Gastländern der Flüchtlinge“, berichtete Kramer in Frankfurt bei der jüngsten öffentlichen Veranstaltung des „Forum Entwicklung“ einer Reihe von GIZ, Frankfurter Rundschau und Hessischem Rundfunk. „Jeder dieser Jugendlichen hat durch sein Engagement erfahren, dass er durch viele kleine Schritte sein Leben gestalten kann – nicht durch einen großen radikalen Wurf.“