„Afrika kommt!“

Deutsche Tugenden und viele Hausaufgaben

Hiesige Firmen bilden afrikanische Nachwuchstalente fort - und bauen so Brückenköpfe auf dem Schwarzen Kontinent.

Zusammen wiegt ihr Umsatz schwerer als die Wirtschaftsleistung ganz Schwarzafrikas. Gemessen daran erscheint der Einsatz gering. Schon zum zweiten Mal holen sich führende DAX-Konzerne und große Familienunternehmen 17 junge Führungstalente aus Afrika nach Deutschland: Ein Jahr lang gehen die von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) handverlesenen Männer und Frauen durch eine harte Schule. Die Patenunternehmen legen – für etwa 60 000 Euro Kosten – den Grundstein für ein Netzwerk deutsch-afrikanischer Wirtschaftskooperation.

Eine Jobgarantie haben die Teilnehmer des Programms "Afrika kommt" nicht. Doch es gibt durchaus Erfolgsbeispiele – wie den jungen Simbabwer Gift Mangozho. Mangozho, der Fortzubildende des Reifenherstellers Continental, nimmt schon einen Arbeitsvertrag mit. "Ich habe das Angebot, im Werk in Port Elizabeth in Südafrika anzufangen", sagt er. Den dunklen Anzug, Krawatte und weißes Hemd kann der 30-jährige Ingenieur dann wieder ablegen. Mangozho arbeitete in Südafrika für eine Baufirma, die Brandschutzsysteme installiert, als ein Studienkollege ihm die Ausschreibung schickte. Auf Deutschunterricht in Kenia und Bonn folgte Training "on the spot": im Werk in Aachen, erzählt er, dann in der Zentrale in Hannover.

Gift, wie sein Betreuer Gerrit Boye ihn nennt, hat dort schnell Großes geleistet. Ein von ihm entwickeltes Optimierungsprojekt für Fertigungsprozesse wird erstmals in drei europäischen Werken implementiert – "mit der vollen Unterstützung des Managements". Sein Schützling könne gut auf Leute zugehen "und war schon als erster Afrikaner in unserem Werk in Indien". In Südafrika soll Mangozho nach sechs Monaten Anlaufzeit auch Prozesse verbessern. Er hat dann nicht nur den sozialen und emotionalen Bezug zu seinem Arbeitgeber, er kennt auch die Geschäftsinteressen von Continental, das in den Schwellenländern (Bric-Staaten) überproportional wachsen will. "Das Programm zeigt, dass deutsche Unternehmen sich durchaus für den Markt Afrika interessieren", sagt Doye. Das Ergebnis sei eine "Win-win-Situation: Nicht nur Gift kann etwas lernen, wir bekommen eine gute Nachwuchskraft." Und das Unternehmen könne Erfahrungen mit afrikanischen Mitarbeitern sammeln, die für das dortige Geschäft hilfreich seien. Für die Teilnehmer wiederum sind Diskussionskultur, Transparenz und die Langfristigkeit von Projektplanung in Deutschland neue Erfahrungen. In Afrika wird in der Regel deutlich kurzfristiger geplant.

Von dem Austausch profitiert hat auch das Walldorfer Softwareunternehmen SAP. Seine Kandidatin Sheila Kangberee kehrt nach einer Hospitanz in der SAP-Nachhaltigkeitsabteilung ins Handelsministerium in Accra zurück. "Mit einem Karrieresprung", wie sie betont. Sie ist auf internationale Standards spezialisiert, insbesondere auf die Zertifizierung nach ISO 14001. Und genau dies kommt ihr bei einem Entwicklungsprojekt von SAP zugute, das bei der Vermarktung von Kosmetikprodukten hilft. Bei der Erinnerung an Deutschland schwärmt Kangberee von "lots of Hausaufgaben".

Sheila war "das perfekte Match", weil SAP ein ziemlich genaues Wunschprofil abgegeben hatte. Das haben die Paten im zweiten Jahrgang von "Afrika kommt" gelernt. Und die neuen Profile für 2013 werden schon verfasst. Teilnehmer und Betreuer der Patenfirmen schließen auf einem Spreedampfer das Lehrjahr ab. Vor einem Jahr war die Gruppe auf dem Rhein unterwegs gewesen. Auch ein Stück deutsche Idylle sollen die Afrikaner mit nach Hause nehmen.

Autorin: Marina Zapf.
Der Artikel erschien zuerst in der Financial Times Deutschland am 9. Juli 2012.