"Kleidung sozial und ökologisch produzieren"

Textilindustrie in Bangladesch: Dialog zwischen Management und Arbeitern fördert Produktivität

Wie lassen sich Produktivität und Effizienz der Textilfabriken in Bangladesch verbessern und gleichzeitig soziale Standards sichern? Durch Investitionen in die Qualifizierung und Arbeitsbedingungen von deren Belegschaft, lautet die Antwort der Verantwortlichen eines Projektes der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag der C&A Foundation. Eine Kernidee dabei ist die Bildung von Change Management Teams, zu denen drei Arbeiter, ein HR-Manager und ein Produktionsmanager gehören.

Bereits seit 1972 ist die GIZ (vormals GTZ – Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) in Bangladesch tätig. Hier wie an anderen Standorten der Textilproduktion – etwa China und Indien – berät sie im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowohl Regierungen als auch Verbände und Unternehmen. Darüber hinaus erhält sie zunehmend Aufträge internationaler Unternehmen, die ihrer Verantwortung in der globalen Lieferkette nachkommen möchten. Bei Themen wie der Umsetzung von Sozialstandards, der Steigerung der Produktivität oder dem Umweltschutz verfolgen die deutschen Experten einen integrativen Ansatz. Erfahrungen auf Unternehmensebene bringen sie bei Beratungen auf der Regierungsebene ein. Über ein gemeinsam mit der C&A Foundation umgesetztes Programm in der textilen Zulieferkette berichteten in Dhaka die GIZ-Koordinatorin für Bangladesch und Pakistan, Barbara Mannert, und der Manager des Sustainable Supplier Programme (SSP), David Ambadar, gegenüber CSR NEWS.

Am Anfang stand ein Pilotprojekt für vier strategische Zulieferbetriebe von C&A in Bangladesch, darunter S.F. Fashion Wears in Dhaka. Das inzwischen abgeschlossene Programm sollte zu verbesserten Arbeitsbedingungen und einer höheren Produktivität beitragen und dazu ein Qualitätsmanagement aufbauen und die Position der Arbeiter stärken. Von dem Erfolg dieses Programmes konnte sich CSR NEWS während eines Besuch bei S.F. Fashion Wears überzeugen: Dort ist heute ein Team von Qualitätsmanagern für die Qualitätskontrolle und die ständige Optimierung des Produktionsprozesses verantwortlich. Die Arbeiter sind an der Gestaltung der Produktionsabläufe beteiligt und werden durch jährliche Lohnerhöhungen an das Unternehmen gebunden.

Ergebnisse aus dem Pilotprojekt werden nun bis zu 10 Unternehmen in Bangladesch und Indien zugutekommen, von deren Erfahrungen in einem späteren Roll-Out wiederum bis zu 170 Unternehmen profitieren sollen. Im Mittelpunkt des im Juni 2012 gestarteten und bis zum November 2013 laufenden Programms stehen Change Management Teams, bestehend aus drei Arbeitern, einem Personalverantwortlichen und einem Produktionsmanager. Diese interdisziplinären Teams fördern den Dialog zwischen dem Management und den Arbeitern. Ihr Ziel ist es dabei, die Effizienz und Produktivität des Unternehmens zu erhöhen und zugleich Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz zu verbessern, die Zahl der Überstunden zu reduzieren sowie zu einer geringeren Fluktuation der Mitarbeiter beizutragen. Dazu identifizieren die Change Management Teams in einem ersten Schritt Probleme – etwa häufige Überstunden-, setzen in einem zweiten Schritt eine Benchmark fest – etwa deren Reduzierung um 10 Prozent – und entwerfen drittens einen konkreten Aktionsplan zur Vorlage gegenüber dem Top-Management.

Für dieses Projekt hatte C&A unter seinen Zulieferern geworben und einige davon überzeugt, dass Investitionen in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter – das Capacity Development – genauso wie die Prozess- und Produktoptimierung zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Das GIZ-Team mit Mitarbeitern aus Deutschland und Bangladesch unterstützt die teilnehmenden Unternehmen mit Trainings und einem Follow Up. In Workshops lernen die Verantwortlichen aus unterschiedlichen Fabriken miteinander und profitieren von den wechselseitigen Erfahrungen und Problemlösungen. „Sie bleiben Wettbewerber und wollen zugleich voneinander lernen“, sagt David Ambadar. Mit der C&A Foundation als Projektauftraggeber wurde ein detailliertes Monitoring vereinbart, bei dem die Wechselwirkungen zwischen Produktivität und Compliance näher betrachtet und Erfolgsfaktoren ermittelt werden sollen. „Wenn Unternehmen ihre Produktivität erhöhen, können sie in soziale Verbesserungen investieren“, so Barbara Mannert.

Der Mitarbeiterqualifizierung kommt für Textilunternehmen in Bangladesch eine besondere Bedeutung zu: Es gibt kaum Berufs- oder Hochschulen, die auf eine qualifizierte Tätigkeit in der Industrie vorbereiten. Das meiste lernen die Mitarbeiter daher beim „training on the job“, weshalb die Unternehmen daran interessiert sind, ihr qualifiziertes Personal nicht zu verlieren. „Eine hohe Fluktuationsrate hat negative Auswirkungen auf die Effizienz“, sagt David Ambadar. In dem Projekt erarbeiten die Unternehmen eine nachhaltige Personalstrategie, zu der Schulungen und Karriereangebote für ihre Mitarbeiter ebenso gehören wie Gehaltssteigerungen aufgrund von Kompetenzentwicklung, Betriebszugehörigkeit oder Leistungszulagen.

Damit ein solches Programm gelingen kann, ist die Unterstützung durch das Top-Management unerlässlich. Voraussetzung für die Teilnahme ist daher ein von den CEOs oder Inhabern unterzeichneter „Letter of Commitment“, in dem die Vorteile des Programmes für das Unternehmen, aber auch die Verantwortlichkeiten und Pflichten des Managements festgehalten sind.

Autor: Achim Halfmann, Journalist.
Der Artikel erschien zunächst auf CSR-News.net am 8. März 2013.