Förderung der Grundbildung im Punjab

Projektkurzbeschreibung

Bezeichnung: Förderung der Grundbildung im Punjab
Auftraggeber: Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Land: Pakistan
Politischer Träger: Bildungsministerium Punjab
Gesamtlaufzeit: 2006 bis 2015

Kinder einer Grundschule in der Nähe von Peschawar © GIZ

Ausgangssituation

In Punjab leben etwa 89 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung Pakistans. Laut einer 2008/09 durchgeführten Umfrage zum Lebensstandard in Pakistan liegt die Alphabetisierungsrate der Punjabis ab zehn Jahren bei 59 Prozent. Dabei besteht ein großes Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern: 69 Prozent der Männer und nur 50 Prozent der Frauen können lesen und schreiben. Im ländlichen Raum (63 % der Männer und 39 % der Frauen) ist der Unterschied größer als in städtischen Gebieten (82 % bzw. 71 %). So wundert es nicht, dass im Punjab nur 51 Prozent der Bewohner ab zehn Jahren die Primarschule abgeschlossen haben. Mit 62 Prozent ist die Nettoeinschulungsquote (NER) von Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren die höchste Pakistans, sie variiert jedoch zwischen Stadt (72 %) und Land (58 %). Obwohl der Grundschulbesuch im Punjab kostenlos ist, beträgt die NER in staatlichen Grundschulen nur 38 Prozent (27 % im städtischen und 42 % im ländlichen Raum). Nettoeinschulungsquoten belegen zudem eine Kluft zwischen den Geschlechtern, die im ländlichen Punjab größer ist (61 % Jungen und 55 % Mädchen) als in städtischen Räumen, wo 72 Prozent der Jungen und der Mädchen eingeschult werden.

Es bedarf großer Anstrengungen und hoher Investitionen, um die Nettoeinschulungsquote zu erhöhen und bis 2015 allen Kindern eine Grundschulausbildung zu ermöglichen, wie in den Millenniumsentwicklungszielen formuliert. Erforderlich ist nicht nur ein verstärktes öffentliches Engagement, sondern auch die aktive Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen (NRO) und der Privatwirtschaft.

Der Sektor hat viele Herausforderungen zu bewältigen. An erster Stelle stehen Fragen der Qualität einer Grundbildung, die unter einem Mangel an qualifizierten und motivierten Lehrkräften, ungeeignetem Unterrichtsmaterial und schlechter Ausstattung leidet. Auch der Zugang zu Bildung ist ein Thema: Die Einschulungsraten sind nach wie vor niedrig, weil Schulen fehlen, die Rahmenbedingungen der Schule schlecht sind, Lehrkräfte ungleich zugeteilt werden und die Nachfrage generell schwach ist. Die Einschulung von Mädchen wird zusätzlich durch kulturelle Hürden behindert. Das Bildungswesen in Punjab ist ein großer Sektor und daher schwer zu verwalten oder zu entwickeln, vor allem angesichts des begrenzten Budgets. Das Ergebnis sind schwache Lenkungsstrukturen, was jedoch oft als Problemursache verkannt wird. In der Folge behandeln viele Projekte lediglich Symptome wie Abschluss- und Alphabetisierungsraten oder Lernmethoden.

Ziel

Die Qualität der Grundbildung in Punjab hat sich verbessert. Jungen wie Mädchen steht ein Schulbesuch offen, der auf die realen Anforderungen des täglichen Lebens vorbereitet.

Vorgehensweise

Das Programm ist derzeit in drei Bereichen aktiv:

Institutioneller Rahmen, Governance und Kapazitätsaufbau. Das Bildungsministerium der Provinz Punjab erhält technische Unterstützung bei der Ausarbeitung eines umfassenden Grundbildungssektorplans. Eine Kapazitätsbewertung ist erfolgt, deren Ergebnisse in den Plan einfließen werden. Auch ein Konzept für die Lehrerausbildung ist in Arbeit, das anerkannten Standards und den Anforderungen des neuen Lehrplans Rechnung trägt. Lehrerausbildung und berufliche Weiterbildung werden bedarfsgerechter in laufende Supervisionsprogramme integriert. Bei der Erarbeitung dieser Strategiedokumente werden die in der Praxis gesammelten Erfahrungen ausgewertet, was einen wirksamen Maßnahmenmix gewährleistet.

Integrierte berufliche Weiterbildung und Supervisionssysteme für Lehrerinnen und Lehrer. Die Abteilung für Personalentwicklung (Directorate of Staff Development – DSD) des Bildungsministeriums wird dabei unterstützt, institutionell nachhaltige Mechanismen und Methoden der Lehrerfortbildung und -supervision zu etablieren. Außerdem werden gemeinsam Fortbildungsmodule für Lehrkräfte und Ausbilder erarbeitet. Letztere lernen, Lehrkräfte auszubilden, die auch als Multiplikatoren fungieren, und sie mit modernen didaktischen Methoden, interaktiven Unterrichtsmaterialien und den neuen Lehrplänen vertraut zu machen. Schülerzentrierte Unterrichtsgestaltung soll künftig Vorrang haben, Fortschritte werden durch regelmäßige Kontrollbesuche überprüft. Ein Pilotbeispiel einer integrierten Lehrerausbildung und -supervision wird auf den Weg gebracht.

Schulbuchpolitik und Entwicklung von Lehrbüchern für den neuen Lehrplan. Bislang war die halbautonome Schulbuchbehörde (Textbook Board Punjab) verantwortlich für die Entwicklung aller in staatlichen Schulen verwendeten Lehr- und Lernmaterialen. Gemäß der neuen Schulbuchpolitik werden diese Materialien jedoch künftig von privaten Verlegern entwickelt und produziert, während die Schulbuchbehörde Steuerungs- und Qualitätssicherungsaufgaben übernimmt. Das Projekt berät alle beteiligten Akteure. Die fachlich Zuständigen werden weiterhin qualifiziert und befähigt, Materialien zu entwickeln und zu prüfen. Zudem fördert das Projekt die Zusammenarbeit mit privaten Verlegern, Autoren und Schulbuchbehörden durch einen Dialog und Workshops. Mit Mitteln der KfW Entwicklungsbank wird die Einrichtung von Schulbibliotheken in mehr als 9.700 Mittelschulen in Punjab unterstützt.

Das Programm kooperiert eng mit anderen Programmen, etwa dem „Sektorprogramm Grundbildung in Khyber Pakhtunkhwa und den Federally Administered Tribal Areas (FATA)“ und dem „Nationalen Grundbildungs-Politikprogramm“. Besondere Abstimmung erfolgt außerdem mit UNICEF im Bereich beruflicher Entwicklung von Lehrern, da auch UNICEF direkt mit der Abteilung für Personalentwicklung des Bildungsministeriums zusammenarbeitet.

Die Consultingfirma ABU Consult Berlin GmbH unterstützt die Umsetzung des Vorhabens.

Wirkung – Was bisher erreicht wurde

2010 führte die GIZ das Konzept der integrierten beruflichen Weiterbildung und Supervision von Lehrkräften in zwei Distrikten des Punjab ein. Es zeigt, wie berufliche Weiterbildung und Supervision durch Mentoren in der Schule sinnvoll miteinander verknüpft werden können. Damit steht es für die Abkehr von einem Top-down-Ansatz hin zu Lösungen, die die Lehrkräfte zur Bewältigung ihres Schulalltags selbst entwickelt haben. In der Pilotmaßnahme kommen moderne Personalentwicklungstechniken wie Selbstreflexion und das Lernen in Peergroups zum Einsatz, die die Lehr- und Lernqualität verbessern sollen.

Ein umfassendes Lehrerausbildungskonzept entsteht in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Personalentwicklung des Bildungsministeriums, die so ihre Arbeitsweise und Funktionalität rationalisieren kann. Auf diese Weise sollten alle Lehrkräfte an öffentlichen Primar- und Mittelschulen im Punjab in den Genuss einer Lehrerausbildung und beruflichen Weiterbildung von annehmbarer Qualität kommen, die sich an festgelegten beruflichen Standards orientiert.

Neue und bessere Lehrbücher werden für den neuen, ab 2006 gültigen Lehrplan produziert. Die neuen Bücher für die erste Klasse wurden bereits an Schulen ausgegeben, die für andere Klassen sind noch im Druck. Verlage, Autoren und Prüfer profitieren von Ausbildungs- und Orientierungsworkshops, in denen sie aktuelle Trends der Schulbuchgestaltung und interaktive Lernmethoden kennenlernen. Bis jetzt hat das dezentrale Bundesbildungsministerium 85 von privaten Verlagen herausgebrachte Schulbücher zugelassen. Sie gehen im Lauf des Schuljahres 2012–13 in Druck und werden die Wettbewerbsbasis des Schulbuchmarkts im Punjab verbreitern.

Die nationale Abteilung für Personalentwicklung hat das vorgeschlagene Konzept für die Entwicklung eines Sektorplans für das Bildungsministerium des Punjab gebilligt. Eine Analyse der aktuellen Situation ist abgeschlossen. Ihre Ergebnisse wurden der Regierung vorgelegt und die Basiskriterien für die Gewichtung der von der Analyse aufgezeigten Problemstellungen festgelegt.

Die Kapazitätslücke des Bildungsministeriums wurde analysiert. Ein Prozess hat begonnen, der eine Strategie zur Entwicklung von Kapazitäten und die entsprechende Planung für die gesamte Provinz zum Ergebnis haben wird.

Führungskräfte auf Provinz- und Distriktebene können inzwischen auf die Daten des Bildungsmanagement-Informationssystems (Education Management Information System – EMIS) zugreifen, eine Zählung privater Schulen hat begonnen. Außerdem werden die GPS-Koordinaten aller Schulen, öffentlicher wie privater, gesammelt. Dies wird hoffentlich die Bildungsstatistiken der Provinz grundlegend verändern und die Bildungsindikatoren verbessern.