Workshop in Tunis zur Reduzierung von Einwegplastiktüten in Supermärkten

„Wir haben eine Revolution gegen die Ungerechtigkeit gemacht, jetzt müssen wir eine Revolution gegen die Plastiktüten machen“.
© GIZ

„Wir, die großen Supermarktketten in Tunesien, Carrefour, Cady, Géant, Magasin Général, Mercure Market, Monoprix und Promogro, unter der Schirmherrschaft der Gewerkschaftskammer der Supermärkte, verpflichten uns freiwillig, den Verbrauch von Einwegkunststofftüten schrittweise zu reduzieren. Ihr Gebrauch soll so deutlich vermindert werden und durch wiederverwendbare, umweltschonendere Verpackungen ersetzt werden.“

Dies ist die Erklärung der sieben wichtigsten Supermarktketten in Tunesien im Anschluss an einen zweitätigen Workshop, den die GIZ im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft mit Monoprix Ende November 2012 organisiert hatte.

Jährlich werden in Tunesien zehntausend Tonnen Einwegplastiktüten verbraucht und Millionen Tüten kostenlos an den Kassen der großen Supermärkte abgegeben. Die Bilanz: 1 Sekunde Ausgabe und 20 Minuten Gebrauch gegenüber 100 bis 400 Jahre Abbauprozess.

Viele Plastiktüten werden als Müllbeutel verwendet, nur wenig werden mehrfach genutzt, die meisten landen auf Mülldeponien oder in der Natur. In Tunesien verunzieren viele Plastiktüten Straßenränder, die Natur oder das offene Meer. Die dabei entstehenden Schäden wurden bis jetzt nicht beziffert.

Am Workshop nahmen neben Vertretern der Supermarktketten die Umweltministerin, ein Vertreter des deutschen Umweltbundesamts (UBA) sowie zahlreiche Vertreter der tunesischen Zivilgesellschaft teil. Wolfgang Beier, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Produktverantwortung im UBA, hatte so viel Engagement der Supermarktketten nicht erwartet: „Ich war wirklich überrascht vom Engagement und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. In Deutschland wäre so viel Engagement kurzfristig nicht zu erreichen.“ Die Supermarktketten in Tunesien sind bei diesem Thema schon aktiv: Seit 2004 stellt Monoprix seinen Kunden kostenpflichtige, wiederverwendbare Einkaufstüten zur Verfügung, seit 2009 gibt Carrefour ebenfalls kostenpflichtige wiederverwendbare Einkaufstüten aus, in Cady ist die Anzahl der an der Kassen ausgegebenen Plastiktüten auf drei pro Einkauf reduziert.

Die Motivation der Supermärkte ist eine zweifache: Die Märkte sind einerseits durch Partnerschaften mit französischen Supermarktketten verpflichtet, sich an Auflagen wie die Reduzierung der Ausgabe kostenloser Einwegplastiktüten zu halten. Andererseits wollen sie ihre Sozialverantwortung im „neuen Tunesien“ zunehmend unter Beweis stellen, zumal das Logo auf herumliegenden Plastiktüten in der Natur ein schlechtes Image bedeutet.

Die größte Herausforderung wird die Akzeptanz der Konsumenten für Alternativlösungen sein. „Wir werden niemals akzeptieren, dass die kostenlosen Einwegplastiktüten durch kostenpflichtige Mehrwegplastiktüten ersetzt werden“, so der Vizevorsitzende der tunesischen Konsumentenorganisation. Ein anderer Vetoplayer könnte auch die Industrie der Plastikhersteller sein.

Damit die Initiative eine Chance auf Erfolg hat, wurde ein freiwilliger Ansatz, mit einer Abstimmung aller Beteiligten, gewählt. In der während des Workshops erarbeiteten Roadmap haben die Teilnehmer entschieden, zunächst eine Studie erstellen zu lassen, um herauszufinden, welche Alternativen in Tunesien möglich sind, wie die Einwegplastiktüten reduziert werden können und wie mit den Konsumenten kommuniziert werden soll.

Tunesien. Die tunesische Umweltministerin (am Mikrofon), Helmut Krist, GIZ, (2. von rechts), Auftragsverantwortlicher des Umweltschutzprogramms Tunesien

An dieser von der tunesischen Abfallbehörde koordinierten Abstimmung sollen Vertreter der Supermarktketten, der Zivilgesellschaft, der Konsumenten und der Plastikhersteller teilnehmen. In der Erklärung haben sich außerdem die Vertreter der Supermarktketten verpflichtet, bis Mitte 2013 eine freiwillige Selbstverpflichtung mit genauen Angaben zu unterschreiben – ein innovatives Instrument in Tunesien, das das Umweltschutzprogramm (PPE) einzuführen versucht. Durch diesen Ansatz hofft das Umweltministerium, die Reduzierung schrittweise freiwillig soweit voranzutreiben, dass ein vollständiges Verbot von Einwegplastiktüten bis 2016 per Gesetz erwirkt werden kann.