"Gewinn für beide Seiten"

Nicht kleckern, sondern klotzen

Know-how erwerben, neue Wege einschlagen, nützliche Kontakte knüpfen

Wenn Markus Szirmay dienstlich nach Russland reist, hat er die Adressen von einigen Hundert Managern und Beamten im Gepäck, die in der russischen Industrie etwas zu sagen haben. Dass der 48-jährige Diplom-Ingenieur, der beim niedersächsischen Mittelständler Piller Industrieventilatoren den Bereich Geschäftsentwicklung leitet, in Russland so gut vernetzt ist, verdankt er dem "Deutsch-russischen Präsidentenprogramm".

Im Rahmen dieser Managerfortbildung, welche die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) vermittelt, reisen deutsche Manager zwei Wochen lang durch russische Wirtschaftszentren, besuchen ein Dutzend Unternehmen und Verbände und erfahren vor Ort, wie Russen Geschäfte machen. Dabei geht's auch schon mal rustikal zu: In Schutzkleidung und mit Helm besichtigte die deutsche Managergruppe um Markus Szirmay zum Beispiel eine Kohlemine in der Nähe der westsibirischen Stadt Kemerowo. Über die Maße des Förderequipments staunte selbst der Ingenieur aus Niedersachsen.

Vor ihrem Reiseantritt hatten sich die Teilnehmer in einem mehrtägigen Seminar fachlich fit und mit den kulturellen Eigenheiten vertraut gemacht. "Das war die beste Weiterbildung meines Lebens. Ein echter Türöffner. Nie und nimmer hätte ich in Eigenregie Zugang zu den Chefetagen führender Unternehmen und der lokalen Administration bekommen", sagt Szirmay. Dabei hat die Veranstaltung ihn und seine Firma nur den Flug nach Nowosibirsk gekostet. Der größte Kostenblock - Seminare, Unterkunft, Verpflegung, Dolmetscher und die Rundreise - wurde von der russischen Regierung bezahlt.

Angesichts solch günstiger Rahmenbedingungen wundert es, dass nicht mehr deutsche Manager das Stipendium der russischen Regierung in Anspruch nehmen. Zumal die Chance für Bewerber, tatsächlich zum Zuge zu kommen, hoch ist: Für die in diesem Jahr letzte Stipendiatenreise nach Westsibirien haben 23 der insgesamt 28 Bewerber den Zuschlag erhalten. Eine Weiterbildung im südrussischen Samara im Oktober interessierte 25 Kandidaten, von denen laut GIZ die meisten mitreisen können.

© Ulrike Heitze. Der vorliegende Text ist ein Auszug aus dem Artikel „Nicht kleckern, sondern klotzen“, der am 25.09.2012 im „Tagesspiegel“ erschien.