"Gewinn für beide Seiten"

"Beste Dienstreise meines Lebens"

Markus Szirmay leitet bei der Piller Industrieventilatoren GmbH den Bereich Geschäftsentwicklung.

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Die Piller Industrieventilatoren GmbH möchte wachsen und sich neben ihren etablierten Geschäftskontakten in Europa, China und den USA neue Märkte erschließen. Als ein wichtiges strategisches Land rückt dabei immer mehr Russland in den Fokus des Mittelständlers aus Moringen.

Gabriele Rzepka: Der russische Markt gilt bei vielen deutschen Unternehmen als vielversprechend, aber auch nicht ganz einfach. Was hat Sie bewogen, das Präsidentenprogramm als Türöffner für Geschäftskontakte in Russland zu nutzen?

Markus Szirmay: Das Programm war für mich ein absoluter Glücksfall. Mir war klar, dass ich den russischen Markt für mein Unternehmen nicht entwickeln kann, wenn ich Mentalität, Kultur, Geschäftsgebaren, Strukturen und Gepflogenheiten in Industrie und Administration nicht kenne. Sie können viele Seminare über Russland besuchen, aber die spiegeln die Realität dort nur sehr unzureichend wider. Um Land und Leute zu verstehen, muss man hinreisen. Diese Fahrt nach Russland mit dem Präsidentenprogramm war die beste Dienstreise meines Lebens.

Das Präsidentenprogramm ist der ideale Einstieg und über das Deutsch-Russische-Managementnetzwerk (DRMN) sind wir deutschen und russischen Teilnehmer immer noch eng verbunden – mit sozialen, kulturellen, aber eben auch mit geschäftlichen Aktivitäten.

Sie haben sich für Sibirien bei Ihrer Reise entschieden. Weshalb haben Sie diese Region gewählt und was hat Sie dort derart beeindruckt?

Wissen Sie, es gibt Moskau, das europäische Russland und Sibirien. Das Land ist sehr vielfältig, nach Moskau und St. Petersburg kommt man schon eher mal. Sibirien mit seiner starken Stahl-, Öl- und Chemieindustrie ist jedoch nicht nur weit weg, sondern auch ein „modernes“ Abenteuer. Gleichzeitig ist die Industrie dort sehr interessant für uns, hier sitzen unsere potenzielle Kunden.

Völlig unerwartet für mich war die absolute Warmherzigkeit und Gastfreundschaft der Menschen dort, die uns wirklich ausgesprochen nett und mit großer Freude aufgenommen haben. Die örtliche Organisation hat wirklich alles getan, um uns den Aufenthalt geschäftlich so interessant und angenehm wie möglich zu gestalten.

Ich habe in der Region Kemerowo eine kleine Raffinerie besucht, etwa 140 Kilometer entfernt. Da hat mich der Generaldirektor mit dem stellvertretenden Direktor und der Marketingassistentin persönlich abgeholt und mich herumgeführt. Das hat mich sehr berührt! Man möge sich doch mal den umgekehrten Fall vorstellen, dass ein russischer Manager nach Deutschland kommt. Ob der wohl auch von einem deutschen Geschäftsführer persönlich abgeholt würde, wenn die Fahrtzeit mehr als zwei Stunden beträgt?

Als Geschäftsmann könnten Sie auch allein Kontakte in den russischen Markt suchen. Was macht aus Ihrer Sicht das Besondere des Präsidentenprogramms aus?

Das erste Hindernis ist die Sprache. Sie brauchen jemanden, der Russisch spricht. Viel wichtiger jedoch ist, dass beim Präsidentenprogramm die Politik, hier vertreten durch die lokale Gebietsadministration, dahinter steht. Nur dadurch habe ich Kontakte in die Chefetagen von Unternehmen, Verwaltungen und Institutionen bekommen. Das wäre als Einzelkämpfer völlig undenkbar.

Ihr erster Besuch mit dem Präsidentenprogramm liegt nun zwei Jahre zurück. Hat er sich für Ihr Unternehmen unterm Strich gelohnt?

Vor zwei Jahren hatten wir vereinzelte Lieferungen nach Russland, aber immer über nicht-russische Anlagenbauer oder Engineering-Firmen. Wir hatten keinen einzigen Direktkontakt. Heute habe ich Beziehungen zu Unternehmen und zu den Provinzregierungen. Wir haben zahlreiche konkrete Anfragen und ich denke, dass wir im ersten Quartal 2013 den ersten Direktauftrag aus Russland bekommen werden. Das ist ein riesiger Erfolg, denn manche Firmen sind teilweise schon vier Jahre vor Ort, ohne einen einzigen Auftrag verbuchen zu können.

Was würden Sie aus Ihrer Russlanderfahrung heraus anderen Unternehmen mit auf den Weg geben?

In Russland zählen persönliche Kontakte. Hinter jedem Geschäft stehen Menschen und die muss man verstehen. Die Geschäftskultur dort ist eine andere, es braucht viel Geduld. Von der ersten Idee bis zur Vertragsunterzeichnung können Jahre vergehen, aber es lohnt sich, die Durststrecke auszuhalten. Das Präsidentenprogramm ist der ideale Einstieg und über das Deutsch-Russische-Managementnetzwerk (DRMN) sind wir deutschen und russischen Teilnehmer immer noch eng verbunden – mit sozialen, kulturellen, aber eben auch mit geschäftlichen Aktivitäten. Das ist ein gutes Fundament für langfristige gute deutsch-russische Beziehungen. Gerade jetzt ist es wichtig, diese Beziehungen wieder in Schwung zu bringen. Dazu bedarf es nach Ansicht von Igor Jurgens, Leiter des Moskauer Instituts für moderne Entwicklung, einer Einmischung der Zivilgesellschaft. Deshalb ist das Präsidentenprogramm und die Arbeit des DRMN wichtiger denn je.

 

Die Fragen stellte Gabriele Rzepka.
Sie ist freie Journalistin mit den Schwerpunkten Entwicklungspolitik und Technik.