03.08.2023
Mediatorin aus Moldau: Zwischen Energiekrise und Emanzipation
Silvia Feraru unterstützt als Mediatorin Romn*ja in ihrer Gemeinde in Moldau. Im Interview berichtet sie von den Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf ihre Arbeit.
Im Februar 2022 berichtete Silvia Feraru aus Moldau über ihre Arbeit als Mediatorin für Roma und Romnja – so die Eigenbezeichnung für Männer und Frauen, die dieser Minderheit angehören. Der russische Angriffskrieg hat die Situation vor Ort seitdem extrem verändert: Über 800.000 Geflüchtete kamen nach Moldau, von denen circa 100.000 geblieben sind. Die rund 2,6 Millionen Einwohner*innen Moldaus haben beispielsweise mit stark gestiegenen Gaspreisen zu kämpfen. Für Minderheiten wie Rom*nja ist das besonders schwer, vielen droht durch eine hohe Arbeitslosigkeit Armut. Mediator*innen wie Silvia helfen ihnen, sich auf Jobs oder Ausbildungen zu bewerben. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH unterstützt sie dabei seit 2019. Im erneuten Gespräch schildert Silvia Feraru, wie die neue Situation ihre Arbeit als Mediatorin beeinflusst hat.
Sie arbeiten nach wie vor als Mediatorin für Rom*nja in Ihrer Gemeinde. Vor welchen Herausforderungen stand die Rom*nja-Gemeinde im vergangenen Jahr?
Eine große Herausforderung waren die ständig steigenden Energiepreise. Mit meiner Arbeit versuche ich die Rom*nja-Gemeinde weniger verletzlich zu machen, sie zu stärken. Doch wenn man arm ist, ist es schwierig, mit den steigenden Preisen zurecht zu kommen. Es ist eine weitere Hürde. Ich unterstützte viele betroffene Rom*nja dabei, Sozialhilfe und Zuschüsse für Gasheizungen in den kalten Monaten des Jahres zu beantragen.
Inwiefern hat sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Seit unserem letzten Interview habe ich mich auch für Geflüchtete engagiert, die hier im Dorf Carpineni im Westen Moldaus, nahe der rumänischen Grenze, untergebracht sind. Deren schweres Schicksal macht betroffen, oft habe ich Tränen in den Augen. Ich unterstütze sie mit Lebensmitteln. Doch danach musste ich mich gegen Vorwürfe aus meiner Gemeinde wehren, dass ich den Flüchtlingen zu viel Aufmerksamkeit schenke, obwohl die Probleme der Rom*nja drängender seien. In unserem kleinen Dorf mit nur 10.000 Einwohner*innen war das die größte Herausforderung: Sich einzubringen und dabei den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Stehen Sie als weibliche Mediatorin dabei vor besonderen Herausforderungen?
Ja, Frauen werden in meiner Gemeinschaft nicht als Führungspersönlichkeiten gesehen. Ein Mann hat mehr Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Als Frauen müssen wir mutig sein, Entscheidungen zu treffen, um Chancen für uns selbst und andere zu schaffen. Wir können nicht darauf warten, dass es jemand anders für uns tut.