

Managementdienstleistungen: Mit einem starken Führungsteam zum Erfolg
In Tunesien machen junge Führungskräfte Karriere – und den Standort für deutsche Mittelständler attraktiv.
Als Abdelwahed Mezni 2018 bei der deutschen Gruner AG in Tunesien anfängt zu arbeiten, steht er zunächst in der Produktionshalle. Er wartet Maschinen, überwacht die Produktion und kontrolliert die fertigen Bauteile. In Tunesien stellt Gruner aus Baden-Württemberg Spulen und Elektromagnete her – essenziell für die Funktion vieler Geräte, von Kernspintomographen über Türöffner bis hin zu Elektromotoren. Abdelwahed steigt schnell auf, zunächst zum Teamleiter und inzwischen koordiniert er ein internationales Team, um neue und bessere Spulen zu entwickeln und produzieren zu lassen. „Ein entscheidender Faktor in meiner Karriereentwicklung war die Tunisian Automotive Management Academy, kurz TAMA“, sagt Abdelwahed heute.
2019 wurde die Management-Akademie durch den tunesischen Automobilverband (TAA) mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ins Leben gerufen. Vier Mittelständler aus Deutschland mit Werken in Tunesien, Gründungsmitglieder des Verbands, hatten erkannt: Um vor Ort zu expandieren, braucht es qualifiziertes Führungspersonal – Schichtleiter, Werksleiter, Personalchefs. Die bildet die TAMA nun aus: Knapp 2.000 Mitarbeiter*innen von rund 50 deutschen, europäischen und tunesischen Unternehmen aus der Automobil-, Elektronik- sowie der Luft- und Raumfahrtbranche haben inzwischen an Trainings der TAMA teilgenommen.

Tunesische Firmen profitieren
Tunesien ist ein attraktiver Standort für deutsche Unternehmen geworden. Kabel, Bordelektronik, Textilien oder zunehmend auch Software – viele Firmen fertigen hier für ihre globalen Lieferketten. Die Nähe zu Europa, hochqualifizierte Arbeitskräfte und wettbewerbsfähige Lohnkosten locken ausländische Direktinvestitionen an. Rund 7.500 Ingenieur*innen gehen in Tunesien jährlich von Hochschulen ab. Kein anderes afrikanisches Land exportiert mehr Industriegüter in die Europäische Union, ermittelte das African Centre for Economic Transformation.
Im Rahmen der Sonderinitiative „Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel“ des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) arbeitet die GIZ mit dem tunesischen Industrieministerium sowie Branchenverbänden daran, ein attraktives Investitionsklima zu schaffen, den Umbau auf eine klimafreundliche Produktion zu organisieren und Innovationen zu entwickeln. Davon profitieren nicht nur deutsche Firmen, die in Tunesien bessere Bedingungen vorfinden. Eine starke Wirtschaft in Tunesien schafft auch Jobs und Perspektiven für die Menschen im Land. Rund 4.500 über Mindestlohn bezahlte und sozial abgesicherte Industriearbeitsplätze sind mit Unterstützung der GIZ seit 2020 entstanden.

Vermittlung von Soft Skills
Auch tunesische Firmen nutzen die Unterstützung, etwa der tunesische Kabelhersteller Coficab, eines der weltweit führenden Unternehmen für Kabel. Myriam Elloumi, Leiterin für Unternehmensfragen und Nachhaltigkeit, schickt ihre angehenden Führungskräfte ebenfalls an die Akademie. Hier besuchen sie Standard-Schulungen, die durch das Qualitäts-Management-Center des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA) zertifiziert sind – wichtig, wenn man an deutsche Autohersteller verkaufen möchte. Elloumi ist auch Präsidentin des tunesischen Automobilverbands (TAA), zu dem die Akademie inzwischen gehört. „Die tunesischen Fachkräfte sind bereits sehr gut ausgebildet“, sagt sie. „Neben den wichtigen fachbezogenen Schulungen lernen sie an der TAMA auch Soft Skills.“ Eine Unternehmenskultur aufbauen, ein diverses Team führen, Produktionsabläufe effizient und sicher organisieren – daran arbeiten die Trainer*innen in den drei- bis viertägigen Schulungen. Neben Frontal-Unterricht gibt es Gruppenarbeiten, Rollenspiele und praktische Beispiele.
Abdelwahed Mezni von der Gruner AG gelangte über die Gruppenarbeiten an der TAMA beispielsweise zur Scrum-Methode, die er jetzt in seiner Arbeit einsetzt, um Produkte schnell und kontinuierlich in kurzen Zyklen zu verbessern. Seine Kollegin Khouloud Chaabane, bei Gruner in der Personalentwicklung angestellt, hat Kommunikations- und Führungskraft-Trainings besucht. Sie nutzt die erlernten Methoden jetzt auch für die Personalentwicklung im eigenen Haus.
Nabil Rihani ist der Werksleiter von Gruner in Tunesien. Er sagt: „Wir sind in den vergangenen fünf Jahren stark gewachsen, die Anforderungen an uns sind gestiegen.“ Neue Fertigungslinien und ganze Unternehmenseinheiten wurden neu aufgebaut. „Für die funktionierende Organisationsentwicklung braucht es ein starkes Führungsteam, das sich mit dem Unternehmen identifiziert“, sagt er. Von seinem Führungsteam wie Abdelwahed Mezni und Khouloud Chaabane kann Rihani nur schwärmen. „Mit den richtigen Leuten können wir hier jedes Bauteil produzieren, jedes Material verarbeiten, dann können wir alles schaffen.“