Interview

„Nachhaltigkeit ist Teil meiner unternehmerischen Verantwortung“

Antje von Dewitz ist Geschäftsführerin der erfolgreichen deutschen Outdoormarke VAUDE. Mit akzente spricht die Unternehmerin über das Selbstverständnis des Familienunternehmens, über die Zusammenarbeit mit der GIZ und die Initiativen „Der Grüne Knopf“ und „Bündnis für nachhaltige Textilien“ (BNT).

Interview: Wolf Zinn
Eine Frau mit langen blonden Haaren steht lächelnd mit verschränkten Armen in einem Lager voller Kartons.

Nachhaltigkeit ist für VAUDE ein zentrales Anliegen; warum?

Der Klimawandel hat bereits weltweit dramatische Auswirkungen. Manche Regionen sind schon heute kaum bewohnbar und die Lage wird sich weiter verschlechtern. Als Teil der Textilindustrie, die für viele ökologische Probleme maßgeblich mitverantwortlich ist, möchten wir Lösungen schaffen und dazu beitragen, die globalen ökologischen Herausforderungen zu meistern. Das ist mein persönlicher Antrieb, aber meines Erachtens entspricht es auch einfach dem gesunden Menschenverstand. Auch als Mutter von vier Kindern möchte ich alles versuchen, um einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und eine lebenswerte Zukunft zu leisten. Als Unternehmerin habe ich dazu vielfältige Handlungsfelder. Nachhaltigkeit ist also Teil meines Selbstverständnisses und meiner unternehmerischen Verantwortung.

Sie haben sich auch dem Grünen Knopf und dem Bündnis für nachhaltige Textilien angeschlossen – wie kam es dazu?

Als ich das Unternehmen 2009 übernommen habe, haben wir beschlossen, VAUDE ganzheitlich auf Nachhaltigkeit auszurichten – von umweltschonenden Produktionsprozessen und Materialien über faire Arbeitsbedingungen bis hin zum Einsatz der Produkte und dem Recycling ausgedienter Ausrüstung. Seit 2010 setzen wir dieses Prinzip mit unserem hauseigenen „Green Shape“-Standard konsequent um, der auf den strengsten Zertifizierungen in der Textilbranche basiert. Das ist allerdings mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden und somit ein Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen, die nicht nachhaltig agieren. Daher ist jede Initiative sinnvoll und hilfreich, die nachhaltigen Unternehmen ihre Arbeit erleichtert und das Bewusstsein für dieses wichtige Thema bei den Unternehmen und in der Bevölkerung schärft – auch und vor allem von staatlicher Seite. Der Grüne Knopf erfüllt diesen Anspruch vorbildlich, wobei sicherlich im Detail der regulatorische Aufwand noch etwas reduziert werden könnte. Nachhaltigkeit ist Teamsport, nur gemeinsam kann man etwas erreichen. Darum haben wir uns gern als Gründungsmitglied dem Bündnis für nachhaltige Textilien angeschlossen und unsere Expertise in die Entwicklung und Umsetzung des Grünen Knopfs eingebracht.

„Nachhaltigkeit ist Teamsport, nur gemeinsam kann man etwas erreichen.“

Antje von Dewitz

Was bedeutet es für VAUDE, mit dem Grünen Knopf zertifiziert zu sein?

Fast 90 Prozent unserer Produkte sind mit dem Grünen Knopf zertifiziert. Das bestätigt uns in der Arbeit an unseren ambitionierten Zielen. Und beim Einkauf können die Kundinnen und Kunden an dem Siegel Grüner Knopf sofort erkennen, dass wir als Textilunternehmen strenge menschenrechtliche, ökologische und soziale Standards erfüllen. Die anerkannte Zertifizierung schafft also Sichtbarkeit, Sicherheit und Transparenz. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher legen großen Wert auf faire und nachhaltige Produkte. Natürlich muss das Gesamtpaket stimmen – unsere Outdoorbekleidung und -ausrüstung muss auch modisch attraktiv, qualitativ hochwertig und praktisch sein. Für VAUDE kann ich sagen, dass das klare Bekenntnis zur Nachhaltigkeit unsere Marke stärkt und sich auch wirtschaftlich lohnt – es ist die Basis unseres Erfolgs.

Zwei Männer in einer Werkstatt oder Produktionshalle begutachten gemeinsam ein schwarzes Materialstück.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen bei der Umsetzung nachhaltiger Lieferketten?

Unseren Sorgfaltspflichten als nachhaltiges Unternehmen über die gesamte Lieferkette nachzukommen, ist ein kontinuierlicher, anspruchsvoller und personalintensiver Prozess. Wir pflegen einen engen Kontakt mit unseren Partnern, müssen immer auf dem Laufenden sein und alle unsere asiatischen Produktionsstätten genau im Blick haben. Nur so können wir die globale Lieferkette auch wirklich positiv mitgestalten. Zudem werden unsere Angaben von akkreditierten Zertifizierungsstellen überprüft, die auch Vor-Ort-Audits durchführen, um die Einhaltung der Kriterien zu verifizieren. Wir haben dafür ein ausgefeiltes, digitalisiertes Managementsystem aufgebaut. Doch es ist natürlich ein großer Aufwand, sämtlichen Anforderungen bis ins Detail gerecht zu werden.

Was müsste passieren, damit nachhaltige Mode zur Selbstverständlichkeit wird?

Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Deutschland übernimmt mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien, dem Grünen Knopf und weiteren Initiativen sicherlich eine Vorreiterrolle. Um Großes zu bewegen, bräuchten wir aber einheitliche Standards – in so vielen Ländern wie möglich. Darum bin ich eine Verfechterin des Lieferkettengesetzes. Potenzial sehe ich auch in öffentlichen Ausschreibungen: Wenn zum Beispiel für die Försterinnen und Förster in deutschen Staatswäldern neue Regenbekleidung ausgeschrieben würde, sollte der Grüne Knopf eine Grundanforderung sein – und schon würden sich viel mehr Unternehmen darum bemühen. Nachhaltigkeit funktioniert eben auch über wirtschaftliche Anreize. Darüber hinaus ist eine intensive Aufklärungsarbeit wichtig, damit alle Verbraucherinnen und Verbraucher verstehen, wie sinnvoll nachhaltige Textilien sind.

Wird geladen