Ausgangssituation
Vietnam ist zu einem Land mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich (Lower Middle-Income Country) mit hohem Wirtschaftswachstum aufgestiegen und strebt an, bis 2020 Industrieland zu werden. Die nationale Armutsrate konnte auf 7,8 Prozent im Jahr 2014 gesenkt werden (von 53 Prozent im Jahr 1996). Dieser Erfolg relativiert sich jedoch angesichts der zu niedrig angesetzten Armutsgrenze. Zudem gefährden regionale und soziale Disparitäten eine nachhaltige Armutsminderung. Das Land steht vor enormen sozialpolitischen Herausforderungen, wenn es sicherstellen will, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums die gesamte Bevölkerung erreichen und eine nachhaltige, sozial gerechte Verteilung stattfindet. Zudem muss das soziale Sicherungssystem auf die Auswirkungen von sich abschwächendem Wirtschaftswachstum, Klimawandel, Pandemien, demografischem Wandel und Migration reagieren.
Mit der Verabschiedung der Parteiresolution Nr. 15 zu sozialen Politiken 2012–2020 unterstreicht die Regierung die zunehmende Bedeutung sozialer Sicherung. Die existierenden Systeme entsprechen aber noch nicht den spezifischen Bedürfnissen eines Schwellenlandes. Für die nötigen Reformen ist das zuständige Arbeits- und Sozialministerium (Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs, MoLISA) weder auf nationaler noch auf dezentraler Ebene ausreichend mit Kapazitäten ausgestattet.
Ziel
Die Voraussetzungen für die erfolgreiche Ausarbeitung und Umsetzung eines umfassenden Systems der sozialen Grundsicherung für besonders anfällige Bevölkerungsgruppen sind verbessert.
Vorgehensweise
Das Vorhaben berät MoLISA fachlich, konzeptionell und methodisch, bietet Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen an, gewährt Zuschüsse für Seminare, Studien und Öffentlichkeitsarbeit sowie in begrenztem Umfang Sachleistungen. Im Fokus steht die Grundsicherung für Bevölkerungsgruppen, die besonders von Armut bedroht sind: ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Kinder, Frauen, Arbeitslose, Migranten, ethnische Minderheiten und Arbeiter im informellen Sektor, die nicht in der Lage sind, sich gegen Risiken abzusichern. Das Vorhaben arbeitet dabei mit dem Social Protection Department und dem Institute of Labour Science and Social Affairs (ILSSA) zusammen.
In ausgewählten Provinzen und Distrikten werden Mitarbeiter der nachgeordneten Behörde fachlich beraten und weitergebildet. Sie sollen in die Lage versetzt werden, die Mechanismen des Sozialtransfers besser zu managen, den finanziellen Bedarf zu kalkulieren und vor allem die Bedürfnisse der Empfänger von Sozialtransferleistungen besser einzuschätzen. Die Mitarbeiter der Behörde begleiten die pilothafte Umsetzung von Sozialtransfers für Bevölkerungsgruppen, die besonders von Armut bedroht sind und werten die Ergebnisse aus.
Darüber hinaus fördert das Vorhaben den Erfahrungsaustausch und die Netzwerkbildung zwischen nationalen und internationalen Forschungsinstitutionen.
Wirkungen
Die Ergebnisse einer Fallstudie zur sozialen Sicherung älterer Menschen und Aufklärungs- und Sensibilisierungstrainings in Kooperation mit der internationalen Nichtregierungsorganisation HelpAge tragen dazu bei, die Wissenslücken zum Thema Altersversorgung zu schließen und ein Bewusstsein für die Potenziale und Probleme dieser Zielgruppe zu schaffen.
Ein von MoLISA veröffentlichtes Handbuch beschreibt das aktuelle soziale Sicherungssystem Vietnams umfassend und stellt diese Informationen so einem breiteren Publikum zur Verfügung.
Innovative Mechanismen für Sozialtransfers an ausgewählte Zielgruppen wurden entworfen und erfolgreich getestet. Das Modell, Sozialtransfers über Postämter auszuzahlen, wurde in die Parteiresolution Nr. 15 zu sozialen Politiken und die Handreichung zu dessen Umsetzung übernommen. Programme von Weltbank und UNICEF übernehmen das Modell in ihren Konzepten.
Beratungsleistungen durch internationale Experten haben dazu geführt, dass MoLISA den Auf-und Ausbau eines Management-Informations-Systems (MIS) prozesshaft und an die Rahmenbedingungen Vietnams angepasst gestaltet.
Das Vorhaben hat wesentlich zur Erarbeitung der Parteiresolution Nr. 15 beigetragen. Diese ist das zentrale Referenzdokument für soziale Politiken in Vietnam.
Die Koordination und Kommunikation zwischen dem Ministerium und Entwicklungspartnern wurde durch Informations- und Dialogveranstaltungen verbessert.