2012.2492.2

Förderung des Mikrofinanzsektors in Tunesien

Auftraggeber
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit u. Entwicklung
Land
Tunesien
Dauer
Partner
Tunesisches Finanzministerium

Ausgangssituation

Nur ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Tunesiens verfügt über ein Bankkonto; die Mehrheit hat keinen Zugang zu Dienstleistungen registrierter Finanzinstitutionen. Insbesondere für geringverdienende Personen und Haushalte sind die statt dessen zur Verfügung stehenden informellen Finanzierungsquellen teurer, unterliegen zudem keiner Kontrolle und sind daher mit größeren Risiken verbunden.

Diese Situation bedeutet insbesondere für Kleinunternehmen eine unter Umständen erhebliche Einschränkung ihrer unternehmerischen Möglichkeiten. Neben dem mangelnden Kreditzugang fehlen, vor allem im ländlichen Raum, Möglichkeiten, Ersparnisse zu anzulegen oder im Notfall entsprechende Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen zu können.

Die soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung breiter Schichten, insbesondere junger Menschen, hat zu den politischen und sozialen Unruhen in Tunesien erheblich beigetragen und gefährdet auch weiterhin den sozialen Frieden.

Die Förderung des Mikrofinanzsektors soll dieser wirtschaftlichen Ausgrenzung entgegenwirken. Mikrofinanzdienstleistungen bieten einkommensschwachen Personen, Familien und Kleinunternehmen Möglichkeiten, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Zudem sind sie gegen Einkommensschwankungen oder wirtschaftliche Notfallsituationen besser gewappnet.

Das tunesische Finanzministerium hat bereits 2011 eine Strategie zur Entwicklung des Mikrofinanzsektors verabschiedet. Ziel dieser Strategie ist ein sozial verantwortungsbewusstes, nachhaltiges Mikrofinanzwesen. Ein landesweit verbesserter Zugang zu Finanzdienstleistungen soll der finanziellen Ausgrenzung entgegenwirken sowie zur Entwicklung der Regionen und zur Stimulierung der Wirtschaft beitragen. Seit dem Inkrafttreten eines neuen Mikrofinanzgesetzes im November 2011 können erstmals neben tunesischen auch ausländische Mikrofinanzanbieter eine Zulassung für Mikrofinanzdienstleistungen in Tunesien, zunächst nur Mikrokredite, beantragen.

Das neue Gesetz schafft erste rechtliche Grundlagen für einen nachhaltigen, nachfrageorientierten Mikrofinanzsektor. Zur Umsetzung der nationalen Mikrofinanzstrategie sind jedoch weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Sektorentwicklung erforderlich.

Ziel

Regulative und institutionelle Rahmenbedingungen, die eine stabile und nachhaltige Entwicklung des Mikrofinanzsektors ermöglichen, wurden geschaffen. Eine Aufsichtsbehörde für die Zulassung und Aufsicht über Mikrofinanzinstitutionen wurde aufgebaut. Der Schutz der Kunden ist nach internationalen Standards sichergestellt.

Vorgehensweise

Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) berät die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH das Finanzministerium bei der Umsetzung der Mikrofinanzstrategie. Das Projekt umfasst folgende

Schwerpunkte:

Aufbau einer Aufsichtsbehörde über den Mikrofinanzsektor. Schwerpunkt des Vorhabens ist Aufbau und Unterstützung dieser staatlichen Stelle, die für die Erteilung von Zulassungen an Mikrofinanzinstitutionen sowie deren Finanzaufsicht verantwortlich ist.

Unterstützung der Umsetzung und Weiterentwicklung der nationalen Mikrofinanzstrategie. Das Projekt unterstützt das tunesische Finanzministerium bei Umsetzung, Monitoring und Weiterentwicklung der nationalen Mikrofinanzstrategie. Vor allem der Zugang zu Finanzdienstleistungen für Frauen und für die ländliche Bevölkerung soll dabei berücksichtigt werden.

Förderung und Ausweitung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen sowie der Sektorinfrastruktur. Die Entwicklung eines stabilen, nachhaltigen Mikrofinanzsektors erfordert unterstützende Institutionen. Dazu gehört zum Beispiel ein Kreditinformationssystem, das den Austausch von Kundendaten ermöglicht und einer möglichen Überschuldung von Kreditnehmern vorbeugt. Vorgesehen ist darüber hinaus von tunesischer Seite die Einrichtung einer Institution zur Marktbeobachtung.

Wirkungen

Die Aufsichtsbehörde für den Mikrofinanzsektor hat ihre Arbeit Ende 2012 aufgenommen und bearbeitet seitdem Anfragen von größtenteils international agierenden Mikrofinanzanbietern, die eine Zulassung für Tunesien erhalten möchten. Das Vorhaben hat den bisherigen Aufbau durch technische, logistische und finanzielle Maßnahmen begleitet und trägt weiterhin zur Qualifizierung der tunesischen Fachkräfte und der Leitung der Aufsichtsbehörde sowie zum Aufbau von Netzwerken und Kooperationsbeziehungen auf tunesischer wie internationaler Ebene bei.

Der Mikrofinanzaufsichtsbehörde liegt eine Reihe von Zulassungsanträgen für neue, teilweise durch internationale Investoren finanzierte Mikrofinanzinstitutionen vor. Diese Institute verstehen sich zeitgemäß als professionelle Banken für Mikrofinanzkunden. Hinter ihrer Einrichtung stehen weltweit agierende Fachorganisationen, die ihre internationale Kompetenz mit dem örtlichen Know-how junger tunesischer Fachkräfte verbinden.

Auch wenn die neu entstehenden Institute nach der aktuellen Gesetzgebung noch nicht berechtigt sein werden, ebenfalls Ersparnisse ihrer Kunden anzulegen, erfordert der Sektor schon jetzt eine wirksame, entwicklungsfähige und zukunftsorientierte Mikrofinanz-Bankenaufsicht. Sie sollte nicht nur die klassischen Kreditrisiken und die Sicherheit späterer Kundeneinlagen überwachen, sondern auch eine verantwortungsbewusste Kreditvergabe, Kundenschutz oder die entwicklungspolitischen Auswirkungen des Mikrofinanzwesens in Tunesien im Blick haben. Die GIZ entwickelt in Zusammenarbeit mit internationalen Zentralbankberatern ein modernes Bankenaufsichtsverfahren für den neu entstehenden Mikrofinanzsektor.

Breiten Raum nimmt die Ausbildung der tunesischen Fachkräfte der Aufsichtsbehörde sowie der Direktion ein. In der engen Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde und dem Finanzministerium, sowie zukünftig auch mit der Zentralbank, liegen Potenziale für eine aktive Rolle der deutschen Internationalen Zusammenarbeit: in der weiteren strategischen Sektorentwicklung, beim zukünftigen Finanzdienstleistungsangebot und dem weiteren Ausbau der finanziellen Infrastruktur.

Seit März 2014 ist die tunesische Mikrofinanz-Aufsichtsbehörde Mitglied der Alliance for Financial Inclusion (AFI), eines weltweiten Netzwerkes politischer Akteure der Finanzsektorentwicklung aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Auch die tunesischen Partner des Vorhabens, wie das Finanzministerium und die Mikrofinanz-Aufsichtsbehörde, fühlen sich dem Ziel der finanziellen Inklusion verpflichtet, des verbesserten Zugangs der Bevölkerung mit geringem Einkommen zu Finanzdienstleistungen. 
Weitere Projektinformationen

CRS-Schlüssel
24010

Entwicklungspolitische Kennungen

Signifikantes Nebenziel:

  • Gleichberechtigung der Geschlechter

Zuständige Organisationseinheit
3600 Nordafrika

Auftragsvolumen (aktuelles Projekt)
2.500.000 €

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