Ausgangssituation
Die Stadt Lviv (Lemberg) ist die wirtschaftlich wichtigste Stadt der Westukraine. Mit mehr als zehn Prozent aller ukrainischen Kulturdenkmäler ist sie gleichzeitig von großer kulturhistorischer Bedeutung. Seit 1998 gehört die mittelalterliche Innenstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Viele Völker haben die wechselvolle Geschichte der Stadt geprägt. Baulich überdauerte die Stadt das 19. und 20. Jahrhundert unzerstört.
Für den Erhalt des Erbes sind verschiedene Herausforderungen bestimmend: Die rechtlichen Grundlagen in der Stadterneuerung bedürfen einer Anpassung. Das Bewusstsein der Bewohner für eine fachgerechte Sanierung hat sich verbessert, jedoch fehlen weiterhin Finanzmittel. Architekten, Handwerker und Baufirmen sind noch zu wenig mit behutsamen Sanierungsansätzen vertraut. Gleichzeitig sind andere ukrainische Städte sehr daran interessiert, sich die Erfahrungen der Stadt Lviv in der Stadtentwicklung und Stadterneuerung anzueignen.
Ziel
Die Stadterneuerung der historischen Altbauquartiere von Lviv wird nachhaltig und effizient gesteuert. Maßnahmen für eine partizipative, behutsame und effiziente Stadterneuerung werden umgesetzt. Die Lebensbedingungen der Bewohner sowie die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt sind verbessert.
Vorgehensweise
Die städtischen Ämter werden beraten, wie sie ihre administrativen, rechtlichen, institutionellen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie Abläufe verbessern können. Instrumente zur behutsamen Stadtsanierung wurden entwickelt. Dazu zählen ein integriertes Stadtentwicklungskonzept für den erweiterten Innenstadtbereich, eine Gestaltungssatzung und Wettbewerbsverfahren. Stadterneuerungsaufgaben werden innerhalb der Stadtverwaltung organisatorisch verankert und damit institutionalisiert.
Die GIZ berät die Stadtverwaltung Lviv zu innovativen Ansätzen in der Altstadtsanierung. Dazu zählen beispielsweise Förderprogramme für private Restaurierungsarbeiten an verschiedenen historischen Bauteilen, die – mit privaten und öffentlichen Mitteln kombiniert – finanziert werden. Weitere Maßnahmen sind unter anderem eine öffentliche Plattform für innovative Bürgerbeteiligung, die Stadtwerkstatt „Maisternja Mista" und regelmäßig öffentliche Bürgerdebatten zu wichtigen Stadterneuerungsthemen.
Neben den fortgeführten praktischen Schulungen für Handwerker für eine fachgerechte Sanierung werden an ausgewählten Sanierungsobjekten behutsame, denkmalgerechte Restaurierungen ausgeführt. Diese sind nicht nur beispielhaft für eine vorbildhafte Sanierung historischer Gebäude, sondern auch für andere Fachleute im Planungs- und Sanierungsprozess (Training on the Job).
Mittlerweile werden die Erfahrungen aus Lviv auf nationaler Ebene sowie innerhalb weiterer ukrainischer Städte verbreitet und verstetigt (Scaling up). Ein bereits erprobtes Format ist die Ukrainische Akademie für Integrierte Stadtentwicklung. Dort können Vertreterinnen und Vertreter lokaler und nationaler Verwaltungen und aus Fachverbänden Themen einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklung diskutieren und später in ihrer Verwaltung erproben.
Wirkungen
Die GIZ unterstützt das Ministerium für Regionalentwicklung, Bau- und Kommunalwirtschaft dabei, das Thema Stadtentwicklung im Ministerium zu verankern. Auf der Basis von Befragungen und Analysen wurde mit der Stadtverwaltung diskutiert und festgelegt, wie die Verantwortlichkeiten für die Stadterneuerung verteilt werden, um damit das Thema zu verstetigen. Die Mitarbeiter der Verwaltung wurden sich darüber hinaus bewusst, wie wichtig partizipatorische Prozesse und Ansätze sowie ämterübergreifende Arbeit für eine nachhaltige Stadtentwicklung sind.
An den Förderprogrammen für Restaurierung haben rund 2.000 Haushalte teilgenommen: dies betrifft Hauseingangstüren, Fenster, Balkone, Treppenhäuser, Innenhöfe und Fassaden. Dabei haben 20 geschulte ukrainische Kleinhandwerksfirmen die Aufträge ausgeführt.
Ein neuer Curriculum im Tischler- und Restaurierungsbereich wird seit September 2012 zusammen mit der Eberhard-Schöck-Stiftung umgesetzt – bisher als Modellvorhaben in einer Berufsschule, aber mit der Absicht, es landesweit einzuführen.
Bewusstseinsbildende Maßnahmen umfassen unter anderem Printmaterial, Filme, Handbücher und Internetauftritte. Die Stadtwerkstatt „Maisternja Mista" fand zum fünften Mal für zwei Wochen im Juni 2016 statt. 40 NGOs haben rund 80 Veranstaltungen organisiert, an denen mehr als 3.000 Bewohner und Besucher teilgenommen und sich eingebracht haben. Veranstaltungen zur Gründung von Hauseigentümerverwaltungen wurden aktiv unterstützt. Durch die Maisternja Mista werden Engagement und Partizipationsprozesse der Zivilgesellschaft im öffentlichen Diskurs zur Stadtentwicklung gestärkt.