1. Ausgangssituation
Nach 17 Jahren Bürger- und Stellvertreterkrieg und weiteren sechs Jahren Herrschaft des islamistischen Taliban-Regimes galt Afghanistan als klassischer „failed state" – politisch, ökonomisch und sozial am Boden. Die bislang erreichten Verbesserungen im Bildungsbereich, in der Wasserversorgung, im Gesundheitssystem und bei der Partizipation der Frauen sind beachtlich, kommen aber fast ausschließlich der Bevölkerung in Kabul, im Norden und teilweise im Westen des Landes zugute. Von einer landesweiten Verbesserung der Lebenssituation für die breite Bevölkerung ist Afghanistan noch weit entfernt.
Die Infrastrukturen in Afghanistan – insbesondere im ländlichen Bereich – weisen große Defizite auf, deren Behebung Afghanistan keinesfalls aus eigener Kraft bewältigen und finanzieren kann. Dies betrifft öffentliche Einrichtungen wie Gerichtsgebäude, Versammlungshallen und Schulen ebenso wie Verkehrsinfrastrukturen (Straßen, Wege, Brücken). Mangels funktionierender Infrastruktur können die staatlichen Verwaltungen und öffentlichen Träger in den Provinzen ihre Dienstleistungen nicht in dem Maße für die afghanische Bevölkerung erbringen, wie sie für den zivilen Wiederaufbau des Landes erforderlich sind.
2. Ziel
Die staatlichen Verwaltungen und Behörden in den afghanischen Provinzen Badakhshan, Balkh, Kunduz und Takhar verfügen über bauliche Infrastrukturen zur verbesserten Erbringung ihrer hoheitlichen Aufgaben, vor allem ihrer Basisdienstleistungen für die Bevölkerung.
3. Vorgehensweise
Im Auftrag des Auswärtigen Amts plant die GIZ Baumaßnahmen gemeinsam mit den lokalen Partnern in den afghanischen Provinzen Badakhshan, Balkh, Kunduz und Takhar. Die Abstimmungen mit Provinz- und Distriktgouverneuren, Bürgermeistern, lokalen Verwaltungen und Gemeinderäten finden regelmäßig statt. Die Umsetzung der Einzelmaßnahmen erfolgt i.d.R. innerhalb eines Jahres. Die Planung und der Bau aller Maßnahmen werden mit lokalen Bau- und Beraterfirmen durchgeführt. Die baufachliche Begleitung und Qualitätssicherung wird durch die GIZ gewährleistet.
Bei allen Baumaßnahmen wird so weit wie möglich auf lokal verfügbare Baumaterialien und Bautechniken zurückgegriffen und auf Importmaterialien bewusst verzichtet. Dadurch werden hohe bauliche Qualitätsstandards zu einem lokal üblichen Preisniveau erreicht. Zudem können die Wartungs- und Unterhaltsarbeiten durch die lokalen Fachkräfte der Projektpartner nach Abschluss der Bauarbeiten wirtschaftlich und kostengünstig fortgeführt werden.
Die Projektpartner werden eng in den gesamten Planungs- und Durchführungsprozess eingebunden. Dadurch werden die erforderlichen Kapazitäten für den zukünftigen Betrieb und die Unterhaltung der Infrastruktureinrichtung frühzeitig aufgebaut. Bei Baumaßnahmen im ländlichen Bereich werden die Gemeinderäte in den Prozess der Planung direkt eingebunden. Dieses transparente Vorgehen schafft Vertrauen und erlaubt der GIZ, auch in entlegenen und schwierigen Regionen des Landes mittels Baumaßnahmen direkt zur Verbesserung der Lebensbedingungen beizutragen.
4. Wirkungen:
Alle geplanten Baumaßnahmen sind erfolgreich geplant und fertiggestellt bzw. für das laufende Jahr in der Umsetzung. Die bereits fertiggestellten Baumaßnahmen werden entsprechend ihres intendierten Nutzens durch die lokalen Partner genutzt.
Zu den bereits fertiggestellten Einzelbaumaßnahmen in der Provinz Takhar zählen Fakultäts- und Bibliotheksgebäude der Universität Takhar, eine Sportanlage auf dem Gelände der Universität, eine Versammlungshalle für die Bevölkerung sowie ein modernes Gerichtsgebäude.
Zu den bereits fertiggestellten Einzelbaumaßnahmen in der Provinz Kunduz zählen drei Mädchenschulen, Verwaltungsgebäude für die Provinzverwaltung, Sport- und Freizeitanlagen sowie der Neubau und die Rehabilitierung mehrerer Straßenverbindungen in der Provinz.
Durch die Bauleistungen hat sich der Zugang zu Basisdienstleistungen für die Bevölkerung nachweislich verbessert. Dank der fertiggestellten Infrastrukturen hat sich z.B. die Zahl von Schüler/innen und Studierenden an den Bildungsinstitutionen erhöht. Öffentliche Versammlungen finden mehrmals wöchentlich statt und tragen so zum friedlichen Meinungsbildungsprozess bei. Gerichte in den Provinzen haben die Zahl der von ihnen bearbeiteten Fälle signifikant erhöhen können. Viele Dörfer haben einen gesicherten Zugang zu Märkten und den Provinzhauptstädten, auch während der harschen Wintermonate.