Ausganssituation
Entwicklungs- und Schwellenländer haben einen steigenden Bedarf an physischer Infrastruktur, um eine wachsende Bevölkerung nachhaltig mit sauberer Energie, Wasser und Transport zu versorgen. Allerdings werden Klimarisiken und damit verbundene Kosten bisher zu selten bei der Planung von Infrastrukturprojekten berücksichtigt. Ziel des CSI Vorhabens ist es deshalb, Behörden und Entscheidungsträger in Partnerländern zu beraten, bedarfsgerechte Klimainformationen- und Risikobewertungen (Climate Services) in der Investitionsplanung zu verwenden. Climate Services stellen Entscheidungsträgern Klimainformationen gebrauchsfertig für effektives Klimarisikomanagement zur Verfügung. Klimarisiken sollen somit frühzeitig erkannt und eine Basis für finanzierbare und nachhaltige Anpassungsoptionen geschaffen werden.
Zahlreiche Länder haben bereits mit Anstrengungen begonnen, die Widerstandsfähigkeit ihrer Infrastruktur zu erhöhen und dies als Ziel in ihren „Klimaschutzzusagen" festgehalten; unter ihnen Brasilien, Costa Rica und Vietnam.
Um ihre Zusagen erfüllen zu können, müssen die Partnerländer ihre Kompetenzen auf individueller, organisatorischer und gesellschaftlicher Ebene bedeutend steigern. Dazu gehört, dass sie institutionelle Arrangements und technische Verfahren etablieren und anwenden können, um auf Entscheidungsprozesse und Planungsverfahren zugeschnittene Klimainformationen, Beratungsleistungen und Produkte – sogenannte Climate Services – eigenverantwortlich zu entwickeln. Sie müssen auf sie zugreifen und sie effektiv in der Planung von Infrastruktur anwenden können. Jedoch auch dort wo bedarfsgerechte Climate Services verfügbar sind, werden sie häufig nicht oder nur unzureichend in den relevanten Entscheidungs- und Planungsprozessen genutzt. Die Ursache: in den Planungsvorgaben sind klimarelevante Fragestellungen nicht berücksichtigt. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Infrastrukturplanung.
Erste internationale Initiativen haben sich dieser Herausforderung angenommen, unter ihnen das Globale Rahmenwerk für Climate Services (Global Framework for Climate Services - GFCS). Ihr Ziel ist, den Ländern einen Orientierungsrahmen zur institutionellen Verankerung und praktischen Ausgestaltung der Wertschöpfung von Klimadaten hin zu bedarfsfokussierten Klimaprodukten anzubieten, z.B. Klimarisikoanalysen und Bewertungen. Das Projekt bricht den internationalen Handlungsrahmen des GFCS auf die nationale Ebene in seinen Partnerländern herunter. Es unterstützt die länderspezifische institutionelle und technische Ausgestaltung von Strukturen, so dass Länder Climate Services besser nutzen und sie in ihre Infrastrukturplanung einbeziehen können.
Ziel
Entscheidungsträger in den drei Partnerländern und der Nilbeckeninitiative nutzen vermehrt Climate Services bei der Planung von Infrastrukturinvestitionen.
Vorgehensweise
Das Projekt, unter Beteiligung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) als Kooperationspartner, berät die nationalen Partner bei dem Aufbau personeller, technischer und institutioneller Kompetenzen und Netzwerke zur Verbesserung der Climate Service Wertschöpfung; angefangen bei der Verarbeitung von Klimadaten hin zur Entwicklung von nutzerfokussierten Klimaprodukten und Beratungsdienstleistungen für die Infrastrukturplanung, wie z.B. Klimarisikoanalysen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der nachhaltigen Etablierung von Kooperationsstrukturen zwischen den relevanten Akteuren der Wertschöpfungskette, wie Anbieter und Veredler von Klimadaten, Entscheidungsträger, Planer und Ingenieure im Infrastrukturbereich. Das Projekt initiiert hierfür in jedem Land pilothaft ein Kooperationsnetzwerk. Für dessen Erprobung und institutionelle Festigung durchlaufen die Akteure über die projektbasierte Einrichtung einer sogenannten Climate Service Anbieter-Nutzer-Schnittstelle einen iterativen Prozess. Während dieses Prozesses entwickeln sie passgenaue Klimaprodukte für die technische Risikoanalyse einer ausgewählten Infrastruktur. Diese Analyse fußt methodisch auf dem von den Engineers Canada - einem weiteren Kooperationspartner - bereitgestellten sogenannten PIEVC Protokoll. Dieses gibt vor, wie Objekte, ihre Teilkomponenten und operative Verfahren einer Infrastruktur von verschiedenen Klimaeinflüssen betroffen sind und wie Anpassungsmaßnahmen ausgewählt werden. Die Erfahrungen mit dem Prozess der Risikoanalyse werden für die Erarbeitung von Empfehlungen zur Berücksichtigung des Klimawandels in die bestehenden länderspezifischen Infrastrukturplanungsverfahren und –vorgaben genutzt.
Während der pilothaften Erprobung der Climate Services lernen die beteiligten Akteure unmittelbar und handlungsorientiert – so erwerben sie fundiertes Know-how zu dem Thema. Maßgeschneiderte Trainings und die Fortbildung von Trainern ergänzen diese Lernerfahrung.
Um erprobte Ansätze in die Breite zu tragen, werden nationale Dialogforen zum Thema Climate Services und klimaangepasster Infrastruktur ausgerichtet. Die Ergebnisse fließen zudem in die nationalen klimapolitischen Planungsprozesse ein, die in den nationalen Beiträgen zum internationalen Klimaabkommen festgeschrieben sind. Das Projekt teilt die Erfahrungen aus seiner Arbeit unter anderem über die Internetseite AdaptationCommunity.net.
Wirkungen
Das CSI-Projekt fördert die Schnittstelle zwischen den Anbietern von Klimainformationen und Entscheidungsträgern. Durch Pilotstudien unterstützt das Vorhaben die Entwicklung von Klimainformationsprodukten, die auf die Bedürfnisse der Betreiber von Infrastrukturen zugeschnitten sind. Gleichzeitig werden die Stakeholder durch Schulungen für die Bedeutung von Klimainformationen auf den verschiedenen Ebenen des Planungsprozesses sensibilisiert. Alle Maßnahmen sind in den nationalen Anpassungsplan (NAP) und die national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDC) integriert, um deren Entwicklung und Umsetzung zu fördern.
Dabei erreicht CSI Akteure aus verschiedenen Sektoren, Disziplinen und Verantwortungsbereichen, vom Ingenieur zum Klimatotologen, vom Infrastrukturplaner aus dem Sektorministerium zum Anpassungsverantwortlichen aus dem Umweltministerium. Insgesamt wurden mit Trainingsmaßnahmen bisher mehr als 150 Teilnehmer aus dem Infrastrukturbereich erreicht. Über 500 Teilnehmer an von CSI organisierten Veranstaltungen wurden stärker für die Relevanz von Climate Services für klimaresiliente Infrastruktur sensibilisiert. Darüber hinaus wurden und werden im Rahmen des Projektes verschiedene Strategien und Regularien zu klimarisikoinformierter Infrastrukturplanung und –Management beratend unterstützt, wie z.B. die Nationale Anpassungspolitik von Costa Rica und der Climate Service Action Plan der Nilbeckeninitiative (NBI).
Im Kern verfolgt CSI dabei 4 strategische Leitlinien:
• Etablierung von Climate Services als neue öffentliche Dienstleistung: CSI unterstützt seine Partner darin die Bedingungen für die verbesserte Bereitstellung und Nutzung von Climate Services zu schaffen. Als Werkzeuge werden hierfür Klimarisikoanalysen für existierende und geplante (öffentliche wie private) Infrastruktur und digitale Lösungen (ClinfoMATE) genutzt, um neue Wertschöpfungsketten von Anbietern und Nutzern von Climate Services ins Leben zu rufen. Diese Werkzeuge werden durch Kompetenzentwicklung über on-the-job-Trainings und Training of Trainers entlang der Säulen des GFCS ergänzt. Hierzu gehört die Entwicklung technischer Kompetenzen, wie z.B. im Rahmen eines Datenharmonisierungstrainings für den Wetterdienst in Costa Rica durch den DWD. Auf institutioneller Ebene fördert CSI Strukturen und Fähigkeiten zur effektiven Kommunikation und Kooperation über Disziplingrenzen hinweg sowie neue interinstitutionelle Partnerschaften (z.B. zwischen Sektorministerien und Wetterdiensten). Basierend auf diesen neuen Kooperationsbeziehungen werden die Partner in der Entwicklung von Strategien beraten. Dazu gehört der Climate Service Aktionsplan der Nilbeckeninitiative (NBI) und die Berücksichtigung von Climate Services in Costa Ricas Nationaler Anpassungspolitik. Mit der Entwicklung der digitalen Anwendung (ClinfoMATE) wird gemeinsam mit den Partnern eruiert, wie Digitalisierung zukünftig Prozesse in der Co-Entwicklung von Climate Services verschlanken und erleichtern kann.
• Klimaresiliente Transformation von Infrastrukturinvestitionen: CSI bringt Akteure aus Klimapolitik, Klimawissenschaft und Infrastrukturplanung und –Management durch Dialogforen, Arbeitsgruppen und pilothafte Klimarisikoanalysen zusammen. Die Pilotsektoren Energie und Seetransport (Brasilien), Straßenverkehr (Costa Rica), Wasser (Nilbeckeninitiative (NBI) sowie Wasser und Landwirtschaft (Vietnam) bilden Anpassungskoalitionen mit Umweltministerien um gemeinsam Eintrittspunkte zu identifizieren und Regelwerke, Leitfäden und Werkzeuge zu entwickeln, um Klimawandelanpassung im Infrastrukturinvestitionszyklus zu vearankern. Beispiele sind die Kooperation zu Klimawandelanpassung mit dem Ministerium für Verkehr, Häfen und Zivilluftfahrt (Ministério dos Transportes, Portos e Aviação Civil - MTPA) in Brasilien und die Arbeitsgruppe zu klimaresilienter Infrastruktur in Costa Rica, welche im Rahmen der Umsetzung der Nationalen Anpassungspolitik an einem Dekret und einer Methodik zu klimarisikoinformierter Infrastukturplanung arbeitet. Ein weiterer Eintrittspunkt ist die Climate Proofing Handreichung welche gemeinsam mit der Nilbeckeninitiative entwickelt wird und künftig bei der klimarisikoinformierten Planung grenzüberschreitender Infrastrukturprojekte helfen soll.
• Climate Proofing nach Maß: Das PIEVC Protokoll für ingenieurstechnische Analyse von Klimavulnerabilität ist ein partizipatives Risikoanalysetool, zugeschnitten auf die Bedarfe von Infrastrukturplanung und -Management. CSI berät seine Partner darin das Protokoll zu nutzen und an den eigenen Entscheidungskontext im Infrastrukturinvestitionszyklus anzupassen. Während das PIEVC-Protokoll in Costa Rica genutzt wird um zwischen dem Neubau und Nachrüstung einer Brücke zu entscheiden, informieren seine Ergebnisse in Vietnam das Design eines geplanten Wassersperrwerks. Die Länder greifen die Erfahrungen auf, um klimarisikoninformierte Infrastrukturplanung als neuen Standard zu etablieren. In Brasilien, zum Beispiel, fließen die Ergebnisse der Analyse in die GIS Datenbank ein und werden somit für künftige Klimarisikomanagemententscheidungen nutzbar gemacht. Costa Rica, auf der anderen Seite, entwickelt beraten durch CSI sein eigenes Klimarisikoanalyseprotokoll, welches ein fester Bestandteil des Planungsprozesses werden soll. In Vietnam werden die Ergebnisse der Risikoanalyse auch für die Entwicklung der sozioökonomischen Entwicklungspläne genutzt während die NBI die PIEVC Methodik zum Kernelement ihrer Climate Proofing Handreichung für Projektentwickler macht. Diese Institutionalisierungsprozesse werden durch Trainingsmaßnahmen im Rahmen eines eigens entwickelten Training of Trainers Ansatzes zum Climate Proofing von Infrastruktur begleitet, um Umsetzungs- und Anwendungskompetenzen dauerhaft zu verbessern. Das Training wurde bereits erfolgreich in Vietnam und Costa Rica implementiert. Darüber hinaus haben im Rahmen von 4 pilothaften Klimarisikoanalysen (Brasilien, Costa Rica und Vietnam) 57 Mitwirkende on-the-job Kompetenzen zur Analyse von Klimarisiken für Infrastruktur aufgebaut.
• Internationaler Wissenstransfer und –Austausch: Erfahrungen aus CSI wurden auf den Zwischenverhandlungen in Bonn sowie den Weltklimaverhandlungen in Bonn und Kattowitz mit Partnern aus Costa Rica, dem Nilbecken und Vietnam, sowie dem DWD, WMO und der WFEO öffentlich vorgestellt und diskutiert. Erste Ergebnisse werden zudem in den politischen Dialog innerhalb und zwischen den Ländern eingebracht. Im Januar 2019 fand aus diesem Anlass das zweite „CSI Global Forum" Treffen auf Einladung Costa Ricas statt. Das Forum diente dem Austausch und der Schaffung gemeinsamer zukünftiger Perspektiven. Darüber hinaus werden aus den Ergebnissen des Vorhabens fortlaufend Wissensprodukte entwickelt und auf AdaptationCommunity.com veröffentlicht.