Ingrid-Gabriela Hoven

Evaluierungsbericht 2024: Vorwort

Lesen Sie hier das Vorwort der stellvertretenden Vorstandssprecherin Ingrid-Gabriela Hoven zum GIZ-Evaluierungsbericht 2024.  

Liebe Leserinnen und Leser,

Die Welt ist in Aufruhr. Krisen aller Art halten uns in Atem, von der Ukraine bis zum Nahen Osten. Dazu kommen fast vergessene wie jene in Äthiopien, im Jemen, Südsudan oder in Venezuela. Nach UN-Angaben erleben wir derzeit die größte Zahl an Konflikten seit dem Zweiten Weltkrieg. Überlagert werden sie von geopolitischen Spannungen.

Zu schaffen machen uns zudem knapper werdende Ressourcen, ein drastischer Verlust an Biodiversität und die massive Klimakrise, die 2024 einen neuen Höhepunkt erlebt hat. Die Folgen spüren wir bereits: Wassermangel, Waldvernichtung, Überschwemmungen, Dürren und Luftverschmutzung plagen die Menschen überall auf der Erde, wenn auch in unterschiedlichem Maß. Aus den Umweltbelastungen können sich neue Konflikte entwickeln, manchmal sind sie auch deren eigentlicher Grund.  

Doch wir können Dinge beeinflussen, zum Besseren verändern. Die Wissenschaft zeigt uns sehr genau, was zu tun ist: Wir brauchen eine Transformation, hin zu einer nachhaltigeren und gerechteren Lebensweise, um die Erderwärmung auf einem beherrschbaren Maß zu halten. Dieser Wandel ist möglich, wenn wir ihn weiterhin tatkräftig, konsequent, evidenzbasiert und fair gestalten. Daran beteiligt sich die GIZ.  

Erste Erfolge zeichnen sich bereits ab: Die globale Energiewende ist in vollem Gange. Der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt sich mit großer Geschwindigkeit und erreicht jedes Jahr neue Rekorde. Wenn sich die Entwicklung so fortsetzt, wird noch in diesem Jahr mehr Strom auf Basis von Erneuerbaren produziert als aus Kohle. Und ab etwa 2030 werden regenerative Energien fast die Hälfte der weltweiten Elektrizitätsproduktion ausmachen.  

Ab etwa 2030

werden regenerative Energien fast die Hälfte der weltweiten Elektrizitätsproduktion ausmachen.

Das sind gute Nachrichten, die wir bei allen Negativschlagzeilen häufig übersehen. An dieser positiven Entwicklung hat die internationale Zusammenarbeit einen maßgeblichen Anteil. Deutschland gehört zu den größten Förderern dieses Wandels. Vor gut zwanzig Jahren fand die erste internationale renewables-Konferenz in Bonn statt. Damals hatte das Thema noch Exotenstatus. Seither ist viel geschehen, nicht zuletzt dank unseres Einsatzes.   

Wir haben diese Transformation in vielen Ländern mit angeschoben. Heute macht der Bereich Klima und Energie etwa ein Drittel des gesamten Umsatzes der GIZ aus. Unser Engagement im Energiesektor ist strategisch und breit angelegt, es reicht von Windkraft bis zu grünem Wasserstoff, von Solarpanels bis zu sauberen Kochherden. Dabei legen wir nicht nur Wert auf den Umbau selbst, sondern er muss zudem gerecht vonstattengehen. „Niemanden zurücklassen“, lautet das Motto der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs), das hier unbedingt gilt.  

Denn immer noch haben rund 685 Millionen Menschen keinen Zugang zu Energie, die große Mehrheit davon – 600 Millionen – lebt in Afrika. Dort mangelt es vor allem an dezentralen Lösungen für erneuerbare Energien, also zum Beispiel an kleinen Photovoltaikanlagen, die unabhängig vom Stromnetz arbeiten. Diese haben laut der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien das Potenzial, 500 Millionen Menschen mit Strom zu versorgen und gleichzeitig die CO2-Emissionen bis 2030 um 1,2 Gigatonnen CO2 zu vermindern. Sie können Entwicklung und die Energiewende gleichzeitig voranbringen. Auch solche Lösungen fördert die GIZ intensiv.  

685 Mio.

Menschen haben keinen Zugang zu Energie, die große Mehrheit davon – 600 Millionen – lebt in Afrika.

Doch um sicherzustellen, dass unsere Mittel bestmöglich eingesetzt sind, halten wir immer wieder inne und prüfen unser Tun. Das schulden wir den Steuerzahler*innen, die unsere Arbeit finanzieren. Das schulden wir vor allem auch unseren Partnern und den Menschen in unseren Partnerländern, weil wir den Anspruch haben, möglichst viel zu bewirken und damit den Wandel voranzutreiben. 

Um evidenzbasiertes und wirksames Arbeiten zu unterstützen, gibt es in der GIZ unter anderem eine unabhängige Stabsstelle Evaluierung. Sie überprüft Projekte und Programme systematisch und konstant. Ihre Erkenntnisse helfen dabei, zu lernen, Schwächen aufzuspüren und Stärken zu verfestigen. Dafür nimmt sie sich neben einer allgemeinen Bewertung zudem ein besonderes Tema vor. Diesem Bericht liegt eine Querschnittauswertung des Energiesektors zugrunde. Das geschah aus gutem Grund: Energie ist ein zentrales Thema, wirtschaftlich, sicherheitspolitisch und zur Erreichung anderer Nachhaltigkeitsziele. Welche Energie wir nutzen, hat großen Einfluss auf das Ausmaß des Klimawandels. Manche Länder im Globalen Süden vertrauen mittlerweile fast ausschließlich auf Erneuerbare, andere stehen am Anfang der Transformation. Gemein ist allen, dass saubere Energie der entscheidende Treibstoff für nachhaltige Entwicklung ist.  

1,2 Gigatonnen

CO2 könnten bis 2030 durch dezentrale Lösungen für erneuerbare Energien vermindert werden.

»Energie ist ein zentrales Thema, wirtschaftlich, sicherheitspolitisch und zur Erreichung anderer Nachhaltigkeitsziele.«  

Ingrid-Gabriela Hoven

Die Analyse zeigt erfreulicherweise, dass die GIZ hier auf einem guten Weg ist. Die Projekte im Energiesektor schneiden besonders gut ab. Aus den hohen Bewertungen lässt sich schließen, dass wir zu wirksamen Veränderungen beitragen. Aber auch, dass die Vorhaben auf große Akzeptanz in den Partnerländern stoßen. Die Energiewende ist mithin keine deutsche Erfindung, die wir anderen Ländern überstülpen, sondern sie ist gewünscht und gewollt, weil sie die internationale Energiewende und damit die Dekarbonisierung zum Erhalt von Lebensgrundlagen vorantreibt. Auch möchten sich unsere Partner (klima)sicherer und wettbewerbsfähiger aufstellen – und suchen dafür unsere Unterstützung. Das gelingt immer dann besonders gut, auch das zeigt die Evaluierung, wenn Projekte den lokalen Bedarf decken und in nationale Strategien eingebunden sind.  

All das zusammen belegt: Internationale Zusammenarbeit wirkt! Sie schafft Veränderungen in ärmeren Ländern und nutzt auch deutschen und europäischen Interessen. Damit ist die internationale Zusammenarbeit ein zentrales Element für eine sichere Zukunft – bei uns und anderswo. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und viel Erkenntnisgewinn bei der Lektüre unseres neuen Evaluierungsberichts. 

Ingrid-Gabriela Hoven  

Stellvertretende Vorstandssprecherin der GIZ 

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