Das kolumbianische Verfassungsgericht stärken

Projektkurzbeschreibung

Bezeichnung: Institutionelle Förderung des Verfassungsgerichts in Kolumbien
Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Land: Kolumbien
Politischer Träger: Agencia Presidencial de Cooperación Internacional
Gesamtlaufzeit: 2020 bis 2023

Ausgangssituation

Das kolumbianische Verfassungsgericht wurde auf Grundlage der Verfassung von 1991 geschaffen. Zu seinen Hauptaufgaben gehört, über die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte zu wachen und Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Verfassungsorganen zu schlichten. Das Gericht entscheidet auch abschließend über die Klagen zur Vereinbarkeit des Friedensvertrags von 2016 mit der kolumbianischen Verfassung. Damit trägt es zu einer langfristigen Friedensentwicklung in Kolumbien bei.

Die Verfassung von 1991 führte das Rechtsmittel der „Tutela“ ein: Damit können Bürger*innen staatliche Verletzungen der eigenen Grund- und Menschenrechte vor einem Fachgericht anzeigen. Gut 13 Prozent aller Kläger*innen gehören zur Gruppe der vulnerablen Personen. Um die Rechtsprechung zu vereinheitlichen, gehen alle Tutela-Urteile danach zur Überprüfung an das Verfassungsgericht. Aus den rund 600.000 Urteilen pro Jahr wählt ein Gerichtssenat in einem freien Annahmeverfahren etwa 1.000 Urteile zur Überprüfung aus.

Die Tutela birgt ein hohes Potenzial, die Menschenrechte der einzelnen Bürger*innen zu schützen. Allerdings nur, wenn das System funktioniert und es vulnerablen Gruppen zugänglich ist und Entscheidungen auch durchgesetzt werden. Dies ist in Kolumbien jedoch höchst ungewiss. Die Anzahl der Tutela-Urteile hat in den vergangenen 20 Jahren um 800 Prozent zugenommen – die ursprünglich festgelegten Arbeits- und Funktionsweisen des Gerichts können diesem Umfang nicht gerecht werden.

Eine weitere Herausforderung für das Verfassungsgericht ist die Auswahl an Tutela-Urteilen, mit denen es sich befassen will. Hinzu kommen lange Verfahrensdauern und die Tatsache, dass Urteile gegen staatliche Einrichtungen häufig nicht durchgesetzt werden können. All dies schadet der Glaubwürdigkeit des Rechtsmittels und erschüttert das Vertrauen in das Gericht.

Ziel

Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ist für alle Beteiligten besser zugänglich und anwendbar, die Effizienz seiner Arbeitsweisen steigt und Entscheidungen werden effektiv umgesetzt.

Drei Personen stehen auf einer Wendeltreppe und sprechen miteinander

Vorgehensweise

Das Vorhaben berät das Verfassungsgericht dabei, die Rechtsprechung zu vereinheitlichen und mehr Tutela-Urteile durchzusetzen. Dazu arbeitet es in drei Handlungsfeldern:

1. Zugang zur Rechtsprechung erleichtern:
Das Vorhaben entwickelt ein neues Design für das Webportal des Verfassungsgerichts mit einer deutlich verbesserten Suchfunktion für Entscheidungen. Über moderierte Richtergruppen fördert es den Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten Gerichten. Zudem unterstützt es das Verfassungsgericht mit wissenschaftlichen Beiträgen dabei, Rechtsprechungslinien systematisch herauszuarbeiten. Dadurch verbessert sich der Zugang zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung für Bürger*innen, Rechtsberufe und Gerichte.

2. Abläufe am Verfassungsgericht verbessern:
Das Vorhaben analysiert mit den Büros der Richter*innen ausgewählte Arbeitsvorgänge und erarbeitet daraus Standards für eine einheitliche Vorgangsweise. Es erstellt dazu ein „Richterhandbuch“ und ein Organisationshandbuch. Es richtet einen Qualitätszirkel für die juristischen Mitarbeitenden des Evidenzbüros und der Richter*innen ein, um ihren fachlichen Austausch zu unterstützen. Dadurch steigt die Qualität der richterlichen Arbeitsweisen am Verfassungsgericht und die Verfahrensdauer sinkt.

3. Entscheidungen durchsetzen:
Das Vorhaben ermittelt zusammen mit interessierten Institutionen (Procuraduría de la Nación und Defensoría del Pueblo) den Wissensstand über die Umsetzung von Verfassungsgerichtsurteilen und den sich daraus ergebenden Informationsbedarf. Ein Monitoringsystem für Tutela-Urteile wird darauf aufbauend modellhaft ausgearbeitet und in ausgewählten Regionen für einzelne Grundrechte getestet.

Stand: April 2021

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