„Die globalen Krisen kann kein Land allein lösen“
Der Vorstandssprecher der GIZ, Thorsten Schäfer-Gümbel, über seinen inneren Kompass, Herzensthemen und die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit
Was motiviert Sie für die GIZ zu arbeiten?
Ich möchte dazu beitragen, die Welt ein Stück gerechter und sicherer zu machen. Die Frage von Solidarität und Gerechtigkeit beschäftigt mich schon seit meiner Schulzeit. Damals hatte ich eigentlich vor, nach Afrika zu gehen und dort Veränderungen mitzugestalten. Stattdessen studierte ich Politikwissenschaften und Geschichte und ging in die Politik.
Die internationale Zusammenarbeit hat mich allerdings nie losgelassen. Selbst in meiner Zeit als Abgeordneter des Hessischen Landtags war ich jahrelang entwicklungspolitischer Sprecher der SPD. Die Triebfeder dazu war und ist eine gesellschaftspolitische – eine lebenswerte Welt für alle zu schaffen –, aber auch eine werteorientierte – jeder und jedem ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Am Ende geht es um den Einzelnen und um echte Chancen auf Gestaltung, Veränderung und Teilhabe. Dazu einen Beitrag zu leisten, motiviert mich jeden Tag aufs Neue.
Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?
Lösungen für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Dabei geht es um Zusammenhänge: Ist Klimaschutz wichtiger als Frieden, wirtschaftlicher Fortschritt entscheidender als Stabilität? Sicherlich nicht. Die Dinge isoliert zu betrachten, bringt uns in dieser sich rasch wandelnden Welt nicht weiter.
Besonders beschäftigt mich zudem die Kritik an der internationalen Zusammenarbeit. Ich kann verstehen, wenn Menschen genauer wissen wollen, wohin Steuermittel fließen. Ich finde es auch legitim, wenn skeptisch nachgefragt wird, warum wir Geld in andere Weltgegenden investieren, wenn in Deutschland Brücken einstürzen. Doch es gibt für unser Engagement gute Gründe, die wir offensiver und besser kommunizieren müssen. Internationale Zusammenarbeit ist gerade jetzt unentbehrlich und liegt in unserem ureigensten Interesse.
Warum ist internationale Zusammenarbeit unverzichtbar?
Erstens, weil globale Krisen partnerschaftliches Arbeiten erfordern. Niemand kann Herausforderungen wie Wasserknappheit, den Verlust an Biodiversität oder den Klimawandel allein lösen. Nicht einmal so große Akteure wie die USA oder China. Das geht nur gemeinsam. Und zweitens, weil unser Wohlstand von funktionierender Globalisierung und offenen Märkten abhängt. Deutschland ist weltweit eine der größten Handelsnationen. Wir verdienen jeden zweiten Euro mit dem Export; an ihm hängt etwa jeder vierte Arbeitsplatz. Das erfordert zwingend, in Partnerschaften zu handeln.
In Umbruchzeiten wie diesen, in denen sich Machtblöcke in großer Geschwindigkeit verschieben, ist es wichtiger denn je, partnerschaftliche Beziehungen zu halten und zu pflegen. Funktionierende Partnerschaft ist die stärkste Währung für unsere Gestaltungskraft. Dafür ist die internationale Zusammenarbeit ein bedeutsames Instrument. Nicht das einzige, aber ein wichtiges. Wir haben über die Jahre gute und vertrauensvolle Beziehungen in alle Welt geknüpft, die wir nutzen können und sollten – für das Wohlergehen unserer Einsatzländer, aber auch für uns selbst. Auf diese Weise können sich Werte und Interessen sinnvoll ergänzen und einen echten Mehrwert für Deutschland schaffen.