Perspektiven

Der Baumwoll-Kick

Neun deutsche Fußballvereine, ein Textilhersteller, 450 bäuerliche Familienbetriebe in Indien, Fairtrade und die GIZ haben sich zusammengetan, um Fanartikel aus nachhaltiger Baumwolle zu produzieren. Stimmen zur Initiative „Vom Feld in den Fanshop“:

Fotomontage von zwei Mädchen die Fußball spielen und einer Baumwollpflanze

Kanjibhai Gopalbhai Bhojak, Baumwollbauer

Wir arbeiten schon seit vielen Generationen als Bauern. Unsere Familie bewirtschaftet eigenes Land, insgesamt sind es 2,6 Hektar Baumwollfelder. Davon leben wir. Anfangs hatte ich Bedenken, auf biologischen Anbau umzustellen – wegen der geringeren Erntemengen.

Dann haben wir aber gesehen, dass mit der Umstellung die Gesamtkosten sinken. Vor allem, weil wir nichts mehr für künstliche Pestizide ausgeben. Außerdem ist der Boden nährstoffreicher und weniger hart. Er speichert viel besser Regenwasser. So muss ich weniger bewässern.

Kanjibhai Gopalbhai Bhojak, Baumwollbauer

Nicht nur bei der Baumwollproduktion zeigen sich die positiven Auswirkungen. Auch die Qualität der Lebensmittel, die wir essen, ist viel besser. Denn wir pflanzen auf unseren Feldern Gemüse für den Eigenverbrauch an.

Entweder mein Sohn oder ich haben an allen Schulungen des Programms „Vom Feld in den Fanshop“ teilgenommen. So hat immer jemand aus der Familie die wichtigen Informationen erhalten. Auch meine Frau Jamnaben ist eingebunden. Sie hat an Trainings zu Zwischenfrüchten und Grenzkulturen mitgemacht. Sie kennt sich inzwischen auch mit Nährstoffgehalt und -qualität des Bodens aus, so wie es die Bio-Norm vorschreibt.

Ich bin wirklich sehr zufrieden und inzwischen von der Umstellung auf biologischen Anbau überzeugt. Deshalb möchte ich weitermachen und auch dafür sorgen, dass noch mehr Menschen geschult werden. Denn es reicht nicht aus, dass nur einige wenige nachhaltig arbeiten. Die Umstellung muss auf breiter Front geschehen, um die positiven Wirkungen zu sichern.

Manjulaben Narayanbhai Prajapati, Baumwollbäuerin

Manjulaben Narayanbhai Prajapati, Baumwollbäuerin

Baumwolle ist unser Leben. Wir sind Bauern, wie unsere Vorfahren auch. Mein Mann Jaisangbhai und ich arbeiten zusammen: Wir säen, bewässern, jäten Unkraut und pflücken Baumwolle. Nur den Traktor fahre ich nicht. Wir haben auf biologischen Anbau umgestellt.

Wir wussten auch schon vorher, dass es wichtig ist, unsere natürlichen Ressourcen zu erhalten. Doch durch die Schulungen haben wir erfahren, wie wir zum Beispiel anstelle von chemischen Düngern selbst biologische Mittel herstellen. Wir nutzen jetzt Materialien, die uns die Natur zur Verfügung stellt. Im biologischen Insektenmittel Dashparni Ark sind zum Beispiel verschiedene Blätter, Ingwer und Kurkuma verarbeitet.

Einfach ist unser Leben nicht. In der Landwirtschaft gibt es viele Herausforderungen, die nicht in unserer Hand liegen: das Wetter oder Tiere, die die Pflanzen fressen. Aber durch die neuen Arbeitsweisen können wir Geld sparen, die Methoden sind einheitlich und nachvollziehbar. Wir wollen weiter nachhaltig Baumwolle produzieren.

Manjulaben Narayanbhai Prajapati und ihr Mann Jaisangbhai

Mina Vora, Vertreterin der lokalen Bauernkooperative

Unsere Kooperative Rapar & Dhrangadhra Farmers Producer Company (RDFC) unterstützt Bäuerinnen und Bauern, die bei der Initiative „Vom Feld in den Fanshop“ mitmachen: von der Aussaat bis zum Verkauf der Baumwolle.

Die Umstellung auf biologische Produktion beginnt mit gentechnikfreiem Qualitätssaatgut. Daher verteilen wir Saatgut, um die Einhaltung der ökologischen Standards gewährleisten zu können. Um noch mehr Bäuerinnen und Bauern von der Umstellung zu überzeugen, ist die garantierte Abnahme von „Baumwolle in Umstellung“ wichtig.

Unsere Bemühungen tragen Früchte: Wir stellen fest, dass mehr Baumwollfarmer*innen durch unsere Trainings motiviert werden, die Felder natürlich zu bearbeiten. Ich ermutige alle, weiter in diese Richtung zu gehen. Es ist aber wichtig, dass die Bäuerinnen und Bauern auch über den ersten Projektzeitraum bis 2025 hinaus weiter unterstützt werden.

Denn für einkommensschwache Kleinbäuerinnen und -bauern bedeutet die Umstellung ein hohes wirtschaftliches Risiko. Bei einigen ist die Erntemenge auch nach der dreijährigen Umstellungsphase noch reduziert – auch, weil sie von äußeren Bedingungen wie der Wassermenge abhängen.

Mina Vora, Vertreterin der lokalen Bauernkooperative
Rabea Schafrick, Leiterin der Nachhaltigkeitsabteilung bei Brands Fashion

Rabea Schafrick, Leiterin der Nachhaltigkeitsabteilung bei Brands Fashion

Seit Herbst 2023 sind Artikel aus der Initiative „Vom Feld in den Fanshop“ in den Kollektionen aller neun Vereine, die mitmachen, zu finden. Zum Beispiel das T-Shirt „Die Straße trägt St. Pauli“, der Rothosen-Kapuzenpullover vom HSV oder das T-Shirt „Cannstatt Historie“ vom VfB Stuttgart. Für uns als Textilhersteller kam der Impuls für die Initiative während der Corona-Pandemie.

2021 meldeten uns Lieferanten: Es ist keine Bio-Baumwolle mehr auf dem Markt zu bekommen. Weniger als zwei Prozent der weltweit produzierten Baumwolle sind bio-zertifiziert. Da haben wir recherchiert, ob es Alternativen gibt, und sind auf „Baumwolle in Umstellung“ gestoßen.

Wenn wir mehr Bio-Baumwolle auf dem Markt haben wollen, dann muss man sich auch daran beteiligen, die Kleinbäuerinnen und -bauern im Globalen Süden bei der Umstellung von konventioneller Baumwolle zu ökologischer Produktion zu begleiten. Die Initiative des BMZ passt dazu. Und viele unserer langjährigen Fußballkunden haben das auch unterstützt.

Für eine solche Umstellung braucht man einen langen Atem – auf allen Seiten. Aus unserer Sicht ist es wünschenswert, auch nach 2025 weiterzumachen. Wir sind gerade mit den Vereinen im Austausch über eine zweite Phase der Initiative. Inzwischen haben auch weitere Vereine Interesse gezeigt. Zum Gedanken von Fairness im Fußball passt auch die faire und nachhaltige Produktion von Fanartikeln.

Anstoß für die nächste Generation

Mädchen beim Fußballtraining
Wenn Fußballvereine auf Nachhaltigkeit setzen, spielt Sport eine Doppelrolle: Bewegungsangebote in Dörfern der Baumwoll-Anbauregion im westindischen Gujarat gehören auch zur Initiative „Vom Feld in den Fanshop“.
Ein paar Personen am Fußballspielen
Bei der Projektreise der beteiligten Klubs kickten die deutschen Gäste gemeinsam mit dem indischen Nachwuchs.
Ein paar Personen am Fußballspielen
Das Angebot wird von jungen Leuten gut angenommen – insgesamt machen rund 1.000 Kinder und Jugendliche mit.
Nahaufnahme von Fußballspielerinnen
Durch Sport- und Bildungsangebote, insbesondere für Mädchen und junge Frauen, wird das Selbstvertrauen und Wissen der nächsten Generation gestärkt.
Aufnahme eines T-Shirts mit Logos der unterstützenden Vereine des Projekts
Damit wirkt die Initiative „Vom Feld in den Fanshop“ auch jenseits der Baumwollfelder.
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Catharina Fricke, Bereichsleitung Merchandising, FC St. Pauli

Beim FC St. Pauli legen wir seit über 15 Jahren Wert auf nachhaltige Fanprodukte und arbeiten schon sehr lange mit Brands Fashion zusammen. Deshalb war es für uns auch keine Frage, beim Projekt „Vom Feld in den Fanshop“ dabei zu sein.

Es ist wichtig, dass sich viele verschiedene Vereine zusammentun, um dieses großartige Projekt zu unterstützen. Beim Merchandising machen wir ja alle am Ende das Gleiche und können gemeinsam etwas voranbringen, so wie der HSV und wir.

Anfang 2023 haben wir gemeinsam die Reise in die Baumwollregion Gujarat angetreten, um Einblicke in den Alltag vor Ort und in die Prozesse am Anfang der Textillieferkette zu bekommen. Wir tragen eine große Verantwortung als Fußballvereine, denn wir erreichen sehr viele Leute und haben eine große Strahlkraft, um auf das Thema Nachhaltigkeit aufmerksam zu machen.

Deshalb ist auch Kontinuität geboten. Das erwarten auch unsere Fans. Für uns ist es wichtig, dass das Projekt „Vom Feld in den Fanshop“ weitergeht und wir noch genauer schauen, was die Menschen in den Baumwollregionen benötigen.

Sascha Steinbrück, Leiter Merchandising, HSV

Sascha Steinbrück, Leiter Merchandising, HSV

Für uns sind die beiden Säulen von „Vom Feld in den Fanshop“ wichtig. Einmal die Unterstützung der Kleinbäuerinnen und -bauern bei der Umstellung auf Bio-Baumwolle und dann die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen vor Ort durch Sport- und Bildungsprojekte.

Für so einen umfassenden Ansatz muss man sich zusammentun. Ohne einen Partner wie Brands Fashion, mit dem wir schon lange für nachhaltige Textilien zusammenarbeiten, geht das nicht.

Ein HSV-Fan würde ja kein Totenkopf-T-Shirt tragen und umgekehrt kein St.-Pauli-Anhänger einen Pullover mit der Raute.

Sascha Steinbrück

Wichtig ist auch, dass die Klubs an einem Strang ziehen, wie wir mit dem FC St. Pauli. Ich sehe im Merchandising keine Konkurrenzsituation. Im Gegenteil, wir pflegen einen offenen Austausch. Denn ein HSV-Fan würde ja kein Totenkopf-T-Shirt tragen und umgekehrt kein St.-Pauli-Anhänger einen Pullover mit der Raute.

Aber gemeinsam können wir beim Thema Nachhaltigkeit etwas voranbringen. Gerade jetzt, wo das gesellschaftlich vielleicht nicht mehr so weit vorne steht. Da muss man dranbleiben, eine Strategie verfolgen. In dem großen Fußball-Zirkus, in dem wir uns bewegen, können die Bundesligavereine dazu etwas beitragen.

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