„Als Deutsch-Syrer kann ich Brücken bauen“
Aladdin Abdin arbeitet seit seiner Rückkehr aus Deutschland an führender Position im syrischen Gesundheitsministerium. Zum ersten Jahrestag des Assad-Sturzes in Syrien spricht er im Interview über das syrische Gesundheitssystem und die Chancen internationaler Zusammenarbeit:
Herr Abdin, Sie sind aus Deutschland nach Syrien zurückgekehrt. Wie kam es dazu?
Nach dem politischen Wandel Ende 2024 wusste ich: Jetzt beginnt für Syrien eine neue Phase – und ich möchte ein Teil davon sein. Ich habe 15 Jahre in Deutschland gelebt, dort gelernt, gearbeitet und mich beruflich entwickelt. Aber meine Familie, meine Wurzeln und mein Herz sind immer in Syrien geblieben. Als sich die Chance bot, zurückzukehren und wirklich etwas aufzubauen, war das für mich ein klarer Schritt. Als ich im Januar 2025 in Damaskus ankam, war es ein sehr emotionaler Moment. Ich habe erkannt, wie groß die Herausforderungen sind, aber auch, wie viel Hoffnung und Energie im Land steckt. Dieser Anblick hat mich tief motiviert.
Welche Eindrücke hatten Sie bei Ihrer Ankunft?
Ich habe ein Land gesehen, das zwar viel erlitten hat, aber voller Menschen ist, die bereit sind, anzupacken. Besonders die Jugend hat mich beeindruckt. Viele junge Menschen sind gut ausgebildet, engagiert und wollen etwas verändern. Und gleichzeitig habe ich gesehen, wie dringend wir moderne Strukturen brauchen, vor allem im Gesundheitswesen. Als Deutsch-Syrer kann ich hier wirklich eine besondere Rolle spielen: Ich spreche beide Sprachen – fachlich, kulturell und menschlich. Das macht Zusammenarbeit viel einfacher und schneller.
Wie setzen Sie Ihre Erfahrungen aus Deutschland in Syrien um?
Deutschland hat mir gezeigt, wie ein starkes Gesundheitssystem funktioniert – mit klaren Strukturen, verlässlichen Abläufen und einem Fokus auf Menschen. Diese Erfahrungen bringe ich jetzt in Syrien ein, weil sie unserem Land wirklich helfen können. Im Ministerium arbeiten wir an einer Strategie für den Wiederaufbau des Gesundheitssystems. Diese Strategie verbindet Ausbildung, Digitalisierung und modernes Krankenhausmanagement, damit jede Syrerin und jeder Syrer eine bessere Versorgung erhält. Dabei setze ich Schritt für Schritt um, was ich in Deutschland gelernt habe: Entscheidungen auf Basis von Daten treffen, klare Abläufe schaffen, Teamarbeit und Transparenz stärken. Qualität soll kein Luxus, sondern Standard sein. Besonders motivierend ist es zu sehen, dass wir damit nicht nur Strukturen aufbauen, sondern auch Vertrauen schaffen. Die Menschen spüren, dass sich etwas verändert.
Aladdin Abdin ist Leiter für Planung und Gesundheitstransformation im syrischen Gesundheitsministerium. Der Zahnmediziner, der 15 Jahre in Deutschland gelebt hat, war Mitte 2025 nach Syrien zurückgekehrt. In Deutschland hatte er sich im Gesundheitsmanagement fortgebildet und in Krankenhäusern und gemeinnützigen Organisationen im Projektmanagement gearbeitet. Anfang 2025 gehörte er zu den Medizinern, die an der Konferenz zum Aufbau deutsch-syrischer Klinikpartnerschaften in Berlin teilnahmen.
Welche Rolle spielt die internationale Zusammenarbeit dabei?
Internationale Zusammenarbeit spielt eine entscheidende Rolle beim Wiederaufbau des syrischen Gesundheitssystems. Kein Land kann solche Veränderungen allein umsetzen, besonders nach Jahren der Krise. Partnerschaften – besonders mit Deutschland – bringen Fachwissen, Erfahrung und neue Perspektiven. Gleichzeitig profitieren auch deutsche Einrichtungen vom Austausch mit syrischen Fachkräften. Für mich ist wichtig, dass diese Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfindet: Wir lernen voneinander und entwickeln gemeinsam Lösungen, die nachhaltig wirken.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Die Klinikpartnerschaften zwischen Deutschland und Syrien sind ein perfektes Beispiel. Fachkräfte aus beiden Ländern arbeiten zusammen, tauschen Wissen aus und setzen Erfahrungen direkt um. So wird der Wiederaufbau beschleunigt und moderne Standards können etabliert werden. Auch die deutsche Seite kann vom Wissen und den konkreten Erfahrungen unserer Fachkräfte lernen. Es ist eine Zusammenarbeit, die wirklich wirkt.
Welche Botschaft möchten Sie Fachkräften mit auf den Weg geben?
Jetzt ist die richtige Zeit, sich zu engagieren! Jede Initiative zählt. Syrien steht am Anfang eines wichtigen Weges, und echte Veränderung entsteht, wenn Menschen Initiative zeigen, Wissen teilen und partnerschaftlich zusammenarbeiten. Wenn deutsche Erfahrung mit der Energie und Motivation der Syrerinnen und Syrer verbunden wird, können wir eine starke, nachhaltige Partnerschaft schaffen, von der beide Seiten profitieren. So wird nicht nur das Gesundheitssystem modernisiert, sondern es entsteht Vertrauen, gegenseitiger Respekt und echte Perspektive für die Zukunft.