Anila Noor in einem gezeichneten Stil mit blauem Hintergrund
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„Wir brauchen einen Platz am Tisch – nicht daneben“

Anila Noor ist Sprecherin eines Netzwerks für geflüchtete Frauen und LBTIQ+-Personen. Die GIZ stärkt Geflüchtete darin, sich zu vernetzen und politische Debatten aktiv mitzugestalten.

Interview: Luca Rehse-Knauf Illustration: Julian Rentzsch

Geflüchtete sollten politische Akteure sein – nicht nur Hilfeempfängerinnen. Warum?

Weil wir selbst am besten wissen, was wir brauchen. „Flüchtling“ – das ist ein legaler Status, den man bekommt, um sicher zu sein. Aber dahinter stehen Geschichten, Identitäten, Bedürfnisse. Ich bin eine Frau auf der Flucht. Ich weiß, was ich brauche – abhängig von meinem Geschlecht, meiner Gesundheit, meiner Identität, meiner Umwelt. Wenn wir als Geflüchtete einen Platz am Tisch haben, in politischen Gremien, in Gesetzgebungsprozessen, dann können wir mitgestalten. Es geht um Mitgestaltung, nicht um symbolische Beteiligung. Ich sage immer: Wenn wir allein schon definieren, was das Problem ist – und das können nun einmal oft nur Betroffene –, ist die Hälfte des Problems schon gelöst.

„Was wir im Netzwerk aufbauen, ist wirklich einzigartig. Die GIZ spielt dabei eine zentrale Rolle.“

Anila Noor

Wieso braucht es ein Aktionsnetzwerk für Geflüchtete und welche Rolle spielt die GIZ?

Für mich ist das Aktionsnetzwerk das beste Beispiel für echte Solidarität. Was wir im Netzwerk aufbauen, ist wirklich einzigartig und ich bin stolz darauf. Die GIZ spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie ist unser Sekretariat, organisiert Treffen, lädt Partner ein, schafft sichere Räume – und hört wirklich zu. Sie fragen nicht: „Was können wir für euch tun?“ Sie sagen: „Lasst uns gemeinsam schauen, was möglich ist.“ Diese Offenheit und Flexibilität helfen uns, unsere Arbeit immer wieder an unsere realen Bedürfnisse anzupassen. Wir reden nicht nur – wir setzen um.

Inwiefern beeinflusst die mediale Sichtbarkeit die Situation von Geflüchteten?

Seit 2015 beobachte ich, wie die Medien Geflüchtete darstellen – und das ist oft konservativ, klischeehaft, angsteinflößend. Meist zeigen sie weinende Frauen in Booten oder Kinder in Not. Immer dieselben Bilder vermitteln ein falsches Bild. Ich bin mehr als mein Status. Ich bin nicht nur Geflüchtete, ich bin auch eine Führungsperson. Aber wenn man „Flüchtlingsfrau“ hört, sieht man kein Bild von Stärke oder Kompetenz. Das müssen wir ändern. Unser Status sagt nichts über unser Potenzial – und genau das wollen wir sichtbar machen.

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