Förderung guter Regierungsführung unter besonderer Berücksichtigung des Rechtszugangs für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und Förderung von sozialer Gerechtigkeit, Versöhnung und nationaler Kohäsion

Projektkurzbeschreibung

Bezeichnung: Projekt zur Förderung guter Regierungsführung unter besonderer Berücksichtigung des Rechtszugangs für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und Förderung von sozialer Gerechtigkeit, Versöhnung und nationaler Kohäsion
Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Land: Kenia
Politischer Träger: Ministry of Justice, National Cohesion and Constitutional Affairs
Gesamtlaufzeit: 2005 bis 2013

Ausgangssituation

Seit August 2010 ist die neue Verfassung Kenias in Kraft, sie stellt eine wesentliche Grundlage für eine unabhängige, gestärkte Justiz sowie lange geforderte rechtliche und institutionelle Reformen dar. Die zeitnahe, partizipative Umsetzung der neuen Verfassung wird entscheidend für die weitere positive Entwicklung des Landes sein. Darüber hinaus müssen bestehende und historische Ungerechtigkeiten, die vor allem auf ethnischer Diskriminierung basieren und maßgeblich zu den Gewaltausschreitungen nach den Präsidentschaftswahlen 2007 führten, politisch, gesellschaftlich und individuell aufgearbeitet werden. Mit dem Dialog- und Versöhnungsabkommen (Kenya National Dialogue and Reconciliation Act – KNDRA) sind erste Prozesse zur Aufarbeitung eingeleitet. So wird ein Heilungsprozess und damit der Übergang zu einer friedlichen und sozial gerechten Gesellschaft ermöglicht sowie der nationale Zusammenhalt gefördert.

Rechtszugang für alle Bevölkerungsgruppen, als Grundrecht nun verfassungsrechtlich verankert, ist eine der wichtigsten Aufgaben Kenias als unverzichtbare Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben. Benachteiligte oder marginalisierte Bevölkerungsgruppen, wie Opfer geschlechterspezifischer Gewalt, in der Regel Frauen und Mädchen, sind gegenwärtig davon noch weitgehend ausgeschlossen. Auch die Förderung politischer Teilhabe von zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Bürgerinnen und Bürgern ist notwendige Rahmenbedingung für die Reformbemühungen zum Aufbau demokratischer Strukturen. Weitverbreitete Korruption behindert und gefährdet die politische, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung. Vermeidung und Bekämpfung von Korruption haben deswegen ebenfalls Priorität auf der nationalen Agenda.

Unter Leitung des Justizministeriums entwickelt die kenianische Regierung einen institutionen- und sektorübergreifenden Reformmechanismus zur Förderung und Aufrechterhaltung von Rechtstaatlichkeit im Rahmen des Governance, Justice, Law and Order Sector (GJLOS).

Ziel

Institutionen und Mechanismen zur Förderung und Aufrechterhaltung von Rechtstaatlichkeit sind gestärkt. Staatliche Schlüsselinstitutionen und nichtstaatliche Akteure sind in die Lage versetzt, Prozesse der sozialen Gerechtigkeit, Versöhnung und nationale Kohäsion effizient zu unterstützen.

Vorgehensweise

Die GIZ (bis Januar 2011 GTZ) ist im Bereich Gute Regierungsführung seit November 2005 in Kenia tätig. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt die GIZ das kenianische Justizministerium sowie staatliche Kommissionen, die Justiz und zivilgesellschaftliche Organisationen bei der Planung und Umsetzung der Reform des Rechts- und Justizsektors. Das Vorhaben unterstützt den sektorweiten, partizipativen Reformansatz der Regierung, ausgerichtet an der Sektorstrategie Kenias. Es leistet Politikberatung und kontinuierliche, technische Unterstützung bei der Umsetzung der Reformziele, sowie der Aufarbeitung von historischen Ungerechtigkeiten (Transitional Justice).

Wirkung – Was bisher erreicht wurde

Die Grundlagen eines sektorweiten Reformmechanismus wurden unter Leitung des Justizministeriums gelegt, basierend auf einer einheitlichen Sektorpolitik (Policy Framework Paper). In einem partizipativen Prozess konnten die wesentlichen Politik- und Reformprioritäten für das Governance, Justice, Law and Order Sector (GJLOS) Reform Programme ermittelt werden. Die Commission for the Implementation of the Constitution (CIC) wurde zur qualitativen Überwachung der Verfassungsimplementierung wesentlich gestärkt.

Gesundheitsbehörden, Polizei, Staatsanwaltschaft, Justiz, psychologische Dienste und die Zivilgesellschaft erzielten einen Konsens über die systematische Zusammenarbeit im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt. Ein Koordinierungssystem (Inter-agency Referral and Collaboration System) soll die effektive Erfassung, Behandlung und Rechtsdurchsetzung zur Implementierung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten fördern.

Um die juristische Qualifikation der Beschäftigten in der Strafverfolgung zu erhöhen und so eine bessere Vorbereitung der zur Anklage gebrachten Fälle zu gewährleisten, wurde ein Training für Staatsanwälte entwickelt.

In Court User Committees arbeiten staatliche Vertreter von Justiz, Staatsanwaltschaft, und Polizei mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Einrichtungen zusammen, um die zügige, rechtsstaatliche Abwicklung von Justizverfahren zu fördern und damit das Vertrauen in die Justiz zu stärken.
Die Antikorruptionskommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission für nationale Kohäsion und Integration, der Ombudsmann sowie nichtstaatliche Akteure haben sich auf ein einheitliches Vorgehen bei der Aufnahme und Erfassung von Bürgerbeschwerden sowie von Beschwerden der Privatwirtschaft auf kommunaler/regionaler Ebene verständigt. Für die Kommissionen wurden darüber hinaus eine Mandatsklärung vorgenommen sowie die gesetzlichen Grundlagen entsprechend der neuen Verfassungsvorgaben gelegt.

In einem umfassenden Bericht der Menschenrechtskommission wurden die Menschenrechtsverletzungen der Wahlkrise 2007/2008 analysiert und dokumentiert, ein Beitrag zur Arbeit der nach dem kenianischen Richter Philip Waki benannten Waki-Kommission und Teil ihres Schlussberichts. Gleichzeitig ist der Bericht eine wichtige Quelle für die erste Tatsachenfeststellung, die der Internationale Strafgerichtshof in Bezug auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen vorgenommen hat.

Wirkungsbereich und Mandat der Kommission für nationale Kohäsion und Integration wurden durch operative Instrumente erweitert, etwa durch die Einrichtung einer öffentlichen Beschwerdestelle und die verstärkte Beobachtung von Hetzreden/Hasspredigten.

Kompetenzen und Ressourcen kenianischer Menschenrechtsorganisationen, auf Bedürfnisse der Bevölkerung im Rahmen der Überwindung vergangener und bestehender Ungerechtigkeiten einzugehen, wurden ausgebaut. Außerdem konnte die Handlungsfähigkeit der kenianischen Wahrheitskommission (Truth, Justice and Reconciliation Commission – TJRC) erhöht werden, die für öffentliche Anhörungen ermittelt und diese auch durchführt.

Durch die Veranstaltung öffentlicher Diskussionsforen im gesamten Land konnte das Programm zur öffentlichen Debatte beitragen: über die Umsetzung der neuen Verfassung sowie über die Entwicklung nationaler Werte und ethischer Grundsätze für nationale Einheit, Zusammenhalt und Integration.