Sezonskiradnici: Saisonarbeit – Endlich registriert

Äpfel, rote Beete oder Pfirsiche – wir freuen uns über das frische Obst und Gemüse in unseren Supermärkten. Je nach Jahreszeit lachen uns die verschiedenen Sorten an. Die unterschiedlichen Erntezeiten bedeuten aber auch, dass diejenigen, die den Spargel aus dem Boden ziehen, dort nicht immer gebraucht werden. Sie heuern nur für ein paar Tage an und sind schon wenige Wochen später auf einem ganz anderen Feld. In Serbien, welches viele Länder mit Obst und Gemüse beliefert, arbeiten rund 80.000 Personen als Saisonarbeiter*innen. 

Da sie nur kurz im Einsatz sind, werden sie von ihren Arbeitgeber*innen gar nicht erst angemeldet. Anstatt sich durch einen Berg an bürokratischen Vorgaben zu quälen, werden 95% der Saisonarbeiter*innen schwarz beschäftigt. Für Unternehmer*innen ist das bisherige System zu unflexibel. Sie müssen schnell auf Wetterumbrüche reagieren, oder brauchen auch nur punktuell Arbeitskräfte. Leidtragende sind vor allem die Saisonarbeiter*innen – sie bleiben ohne jeglichen Schutz, Arbeitsrechte oder Altersvorsorge. 

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Eine Win-Win Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer 

Dass sich diese Hürden überwinden lassen, zeigt das serbisch-deutsche Projekt Sezonskiradnici. Die Online-Plattform tritt an die Stelle des zuvor allzu bürokratischen und langwierigen Verfahrens: Sezonskiradnici (das serbische Wort für Saisonarbeiter) erlaubt es, Arbeitskräfte mit nur wenigen Klicks zu registrieren - ob von einem Computer oder in einer App auf dem Smartphone. Ein Saisonarbeiter, der dort angemeldet wird, zahlt automatisch in die sozialen Versicherungssysteme ein und ist für die Tage, die er auf den Feldern arbeitet unfallversichert. Auch für die teilnehmenden Landwirtschaftsunternehmen ergeben sich Vorteile: Sie erhalten automatisierte Steuererklärungen für ihr Unternehmen und gegenüber dem alten System haben sich ihre Ausgaben für Gesundheitsversorgung und Steuern durchschnittlich um 30% reduziert. Eine verbesserte Kontaktvermittlung sorgt dafür, dass Unternehmen jeweils genau die erforderliche Anzahl an Saisonarbeiter*innen zugeteilt bekommen. 

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„Als Arbeitgeber von Saisonarbeiter*innen“, berichtet ein serbischer Landwirt, „hatte ich vor der Einführung der Plattform Sezonskiradnici zwei Möglichkeiten für kurzfristige Arbeitsverhältnisse: Entweder ich habe die Arbeitskräfte auf dem traditionellen Weg angestellt, was bürokratisch kompliziert, unflexibel und teuer war, oder ich habe sie einfach angestellt, ohne sie zu registrieren. Aufgrund der Bedingungen landwirtschaftlicher Arbeit habe ich mich häufig für die unregistrierte Anstellung entschieden, so dass ich Kündigungen aussprechen konnte, sobald sich die Bedingungen verschlechtert hatten.“ Mit dem neuen System, so der Arbeitgeber weiter, sei es nun sehr einfach, Arbeiter*innen binnen weniger Minuten vom PC oder Smartphone aus zu registrieren, während die Kosten für Gesundheitsversorgung und Steuern signifikant gesunken seien. „Von meinen Angestellten habe ich erfahren“, fährt er fort, „dass die Rentenversicherung für sie der bedeutendste Vorteil durch das neue System ist. Die Mehrzahl der Arbeiter*innen arbeitet zu unterschiedlichen Jahreszeiten. […] Wenn wir bedenken, dass sie mindestens neun Monate im Jahr Arbeiten müssen, um das Recht auf Rente zu erhalten, sind die formelle Registrierung als Saisonarbeiter*in und der Genuss verbesserter Arbeitsbedingungen sehr wichtig.“

Erfolge, die für Aufsehen in der Region sorgen 

Schon in den ersten 12 Monaten werden Erfolge sichtbar: 26.000 Saisonarbeiter*innen sind von über 300 Unternehmen auf dem Portal registriert worden. Die Behörden haben Steuereinnahmen von über 2 Millionen Euro generiert. Sezonskiradnici hilft nicht nur dabei, eine Schattenwirtschaft zu bekämpfen, sondern stimuliert im gleichen Zug Serbiens ökonomisches Wachstum. Saisonarbeit ist dabei wohl nur der Anfang, denn der Ansatz lässt sich auf alle Arbeitsfelder übertragen, die einen besonders flexiblen Bedarf an Arbeitskräften haben, wie der Bausektor oder auch der Tourismus. Nachbarländer wie Albanien, Montenegro und Nord-Mazedonien haben bereits Interesse an der Erprobung des Systems angemeldet.

Sektor: Landwirtschaft
Region: Südost Europa
Technologie: Plattform / App
Partner : National Alliance for Local Economic Development (NALED)