Ausgangssituation
Viele Frauen und Mädchen sind weltweit von schädlichen traditionellen Praktiken (Harmful Traditional Practices, HTP), wie weiblicher Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM) und Kinderheirat, betroffen. Nach Schätzungen von UNICEF (2016) sind gegenwärtig mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen von FGM betroffen. Mehr als 30 Millionen Mädchen sind in der nächsten Dekade gefährdet, der Praktik unterworfen zu werden. Weltweit leben etwa 700 Millionen Mädchen und Frauen, die vor ihrem 18. Geburtstag und 250 Millionen, die vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet worden sind. Bei FGM und Kinderheirat handelt es sich um schwerwiegende Formen von Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Neben den negativen gesundheitlichen Folgen, sind die Rechte, Selbstbestimmung und Teilhabe der betroffenen Mädchen und Frauen stark beeinträchtigt.
Internationale Vereinbarungen und Konventionen thematisieren und verurteilen weibliche Genitalverstümmelung und schädliche traditionelle Praktiken als gravierende Menschenrechtsverletzungen. Auch in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ist die Überwindung von schädlichen Praktiken wie FGM sowie Früh-, Kinder- und Zwangsheirat verankert (Ziel 5.3).
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat 2015 ein Strategiepapier zu FGM verabschiedet. Es schreibt die Notwendigkeit fest, Maßnahmen gegen FGM in die Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren und formuliert Vorschläge zur Umsetzung. Diese aktuellen politischen Vorgaben und erprobte Ansätze zur Überwindung von FGM und anderen schädlichen traditionellen Praktiken werden bisher noch nicht kohärent umgesetzt.
Ziel
Erprobte Ansätze und entwicklungspolitische Vorgaben des BMZ zur Überwindung weiblicher Genitalverstümmelung und weiterer schädlicher traditioneller Praktiken werden umgesetzt.
Vorgehensweise
Das Vorhaben berät das BMZ und die Durchführungsorganisationen fachlich bei der entwicklungspolitischen Positionierung auf bilateraler und internationaler Ebene zu den Themen FGM und Früh-, Kinder- und Zwangsheirat sowie andere schädliche traditionelle Praktiken.
Es begleitet Kooperationspartner mit fachlich-methodischer Beratung, beispielsweise das UNFPA-UNICEF Joint Programme on FGM/C. Hierzu wird die Vernetzung von Akteuren gefördert. Zu erprobten Ansätzen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, wie dem „Generationendialog", werden außerdem Regionaltrainings durchgeführt.
Das Vorhaben unterstützt GIZ-Projekte vor Ort bei der Umsetzung dieser Ansätze, beispielsweise den „Dialog mit religiösen Führern", zur Überwindung schädlicher traditioneller Praktiken in Afrika und Asien. Erprobte Ansätze zur Überwindung von FGM werden dazu an neue Kontexte und Themen, wie beispielsweise Kinderheirat, angepasst und entsprechende Schulungen angeboten. So wurden etwa die Handreichungen des ursprünglich zur Überwindung von FGM entwickelten Generationendialogs in Pakistan auf schädliche Praktiken im Bereich Müttergesundheit angepasst. In Guinea wird der Dialog mit religiösen Führern für die Überwindung von Kinderheirat und FGM angewandt.
Wirkungen
Die fachliche Beratung des Vorhabens stellt sicher, dass schädliche traditionelle Praktiken thematisiert werden: in umsetzungsrelevanten entwicklungspolitischen Konzepten und Strategiepapieren, im Politikdialog mit den Partnerländern und auf multilateraler Ebene. So ist die Überwindung von FGM und Früh- und Zwangsheirat als strategisches Ziel im „Entwicklungspolitischen Aktionsplan zur Gleichberechtigung der Geschlechter" (GAP II) des BMZ (2016–2020) verankert.
Die Erfahrungswerte und weiterentwickelte oder angepasste Materialien aus den Erprobungen der Ansätze werden aufbereitet und den Durchführungsorganisationen sowie anderen interessierten Akteuren zur Verfügung gestellt.
Qualifizierte Kooperationspartner, die die erprobten Ansätze kontextspezifisch anwenden, sowie gute Kooperationsbeziehungen für verstärkten Wissensaustausch der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit lokalen, regionalen und internationalen Akteuren, sind nachhaltige Beiträge zur Überwindung von schädlichen traditionellen Praktiken.
Mädchen und Frauen in den von schädlichen traditionellen Praktiken betroffenen Ländern profitieren direkt vom Rückgang der Praktiken, zugleich wird signifikant zum Abbau ihrer geschlechtsspezifischen Benachteiligung beigetragen.