30.04.2020

Kurzmeldungen im April 2020: Schnelle und lokale Lösungen gegen die Coronavirus-Pandemie

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, entwickelt die GIZ neue Ideen und richtet laufende Projekte neu aus. Die Ansätze sind dabei vielfältig.

Im Auftrag der Bundesregierung unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH den weltweiten Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie. Hier finden Sie einen Überblick über aktuelle Maßnahmen aus den Einsatzländern. Diese Übersicht wird regelmäßig aktualisiert.

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Schnelle Hilfe durch Experten

Die „Schnell einsetzbare Expertengruppe Gesundheit“ (SEEG) kann kurzfristig und flexibel auf Krankheitsausbrüche reagieren. Derzeit unterstützt sie Labore in Entwicklungs- und Schwellenländer vor allem darin, COVID-19 zuverlässig zu diagnostizieren. In Namibia baute die SEEG im nationalen Referenzlabor die Labordiagnostik für COVID-19 auf, in Benin erhöhte sie die Laborkapazität kurzfristig. Zudem schulte sie das jeweilige Laborpersonal darin, die Tests durchzuführen. Ähnliche Einsätze sind unter anderem für Lateinamerika in Planung. Gegründet wurde sie als Reaktion auf die Ebola-Epidemie in Westafrika im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) und des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).  Das Kernteam ist bei der GIZ angesiedelt und kooperiert mit dem Bernard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) und dem Robert Koch-Institut (RKI), um Ausbrüche von Infektionskrankheiten schneller zu erkennen und darauf zu reagieren. Mehr zur Arbeit der SEEG lesen sie hier im Interview mit dem Mikrobiologen Michael Nagel.

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Sichere Entsorgung, gezielte Tests

In Zeiten von Covid-19 sammeln sich in Krankenhäusern große Mengen von potenziell infizierten Abfällen und Materialien. In Nepal hat die GIZ im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) Standards für einen ordnungsgemäßen und umweltschonenden Umgang mit diesen Materialien entwickelt. Diese Standards werden in 13 Krankenhäuser angewendet, die auf die Bekämpfung von Covid-19 spezialisiert sind. Rund zwei Millionen Menschen profitieren davon, dass diese Abfälle nicht unbehandelt in der Umwelt landen. Auch beim Einsatz der begrenzt verfügbaren Tests unterstützt die GIZ die Krankenhäuser. Ein Frühwarnsystem hilft bei der Steuerung der Testkapazitäten.

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Auf Facebook gegen Fake News 

Entscheidend für die Eindämmung der Pandemie ist Aufklärung. „In Kambodscha ist Facebook bei weitem das meistgenutzte soziale Medium. Insbesondere dort wird hysterisch und falsch über die Übertragungswege und die Vermeidung einer Coronavirusinfektion und die Komplikationsraten von COVID-19 berichtet“, sagt Projektleiter Bernd Appelt. Deshalb unterstützt die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das kambodschanischen Gesundheitsministerium dabei, Falschinformationen einzudämmen und die Bevölkerung umfassend über Facebook zu informieren. Zwei bis drei Videos und Poster werden jede Woche veröffentlicht. Sie nehmen auf die kursierenden Gerüchte und Ängste Bezug und erklären verlässlich die Schutz-, Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten. Mit bis zu einer Million Menschen pro Video erreicht das Gesundheitsministerium bis zu zehnmal mehr als vorher.

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Erfinderisch und digital in der Berufsbildung

Wie lernen Auszubildende? Moldau setzt in der dualen Berufsbildung auf digitale Kurse. Wie wichtig das ist, zeigt sich jetzt: Auszubildende bleiben trotz räumlicher Trennung während der Ausgangssperre im Austausch mit ihren Betrieben. „Ausbilderinnen und Ausbilder finden innovative Ansätze, um zum Beispiel Arbeit an den Maschinen per Video zu vermitteln“, erläutert Projektleiterin Oana Vodita: „Im Anschluss besprechen sie die Videoinhalte virtuell mit der Gruppe”. Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) und mit einer Kombifinanzierung der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützt die GIZ Unternehmen sowie die Industrie- und Handelskammer darin, die Qualität der betrieblichen Ausbildung in Moldau zu verbessern. Dazu gehören auch virtuelle Methoden, die nun bei der Vermittlung der praktischen Inhalte stärker in den Vordergrund rücken. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen Formaten berät das Berufsbildungsvorhaben Azubis und Lehrkräfte in Webinaren dabei, ihren Alltag im Zuge der Umstellung auf digitalen Unterricht zu strukturieren. 600 Auszubildende in sieben dualen Lehrgängen profitieren bereits von den Maßnahmen, die auf weitere Betriebe ausgeweitet werden sollen.

Ein anderes Projekt unterstützte vier Unternehmen dabei, ihre Produktion auf medizinische Schutzbekleidung umzustellen. So kann der Bedarf in Moldau durch lokale Herstellung mehr als gedeckt werden.

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Glück durch Musik

Musikerinnen und Musiker aus Jordanien spielen gegen die Krise an. Die Herausforderung dabei: Jede und jeder musiziert für sich alleine zuhause. Danach werden die Einzelaufnahmen zu einem Video zusammengeführt und im Internet veröffentlicht – jede Woche ein Lied. „In diesen schwierigen Zeiten haben wir Musiker eine Mission für unsere Gemeinschaft“, sagt Ihssan Al-Maani vom Jordanischen Jugendorchester: „Eine Mission, Freude und Glück durch unsere Musik zu verbreiten.“ Das Orchester mit Fagottspieler Al-Maani machte Mitte April den Anfang. Mindestens ein Dutzend jordanische Bands werden bis Juli folgen. Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) hat das Regionalvorhaben SPACE der GIZ die Musikreihe initiiert und betreut die Videoproduktion. „Diese Situation ist für junge Menschen besonders schwierig, da sie jetzt nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, sondern auch ihre Möglichkeiten für soziales Engagement extrem erschwert werden“, erklärt Projektleiter Kayed Sagalla. Als kleine Entlastung während der Ausgangssperre in Jordanien erhalten die Musikerinnen und Musiker ein Honorar. Zu sehen sind die Auftritte auf YouTube und Facebook.

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Qualitätssicherung importierter Atemschutzmasken

In Deutschland besteht zur Eindämmung der Pandemie ein großer Bedarf an Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken. Die meisten davon werden importiert – allein ein Viertel der weltweiten Produktion stammt aus China. Um die Masken schneller zu beschaffen, akzeptieren deutsche Behörden vorübergehend auch ausländische Sicherheitsnachweise. Aber wie können sie erkennen, ob die eingekauften Masken tatsächlich den EU-Standards entsprechen und die chinesischen Zertifikate echt sind? Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) arbeitet die GIZ seit 2014 in China und weiteren Ländern daran, die Sicherheit und Qualität gehandelter Produkte zu verbessern. Im Zuge der aktuellen Pandemie prüft sie mit chinesischen Partnern für Behörden aus ganz Deutschland, ob die angebotenen Atemschutzmasken halten, was sie versprechen. Anhand eines eigens erarbeiteten Leitfadens kontrolliert die GIZ, ob die Prüfberichte alle notwendigen Informationen enthalten und die Beurteilungen in den chinesischen Datenbanken aufgeführt sind. Abschließend verifizieren chinesische Behörden die Echtheit der Zertifikate.

Nach einer Pilotphase mit niedersächsischen Behörden wurde dieses Angebot Mitte April auf ganz Deutschland ausgeweitet.

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Infektionen schnell und zentral erfassen

Seit Anfang Februar erfasst das digitale Krankheitsüberwachungssystem SORMAS (Surveillance Outbreak Response Management and Analysis System) auch die Krankheit COVID-19. Derzeit wird es in Nigeria und Ghana angewendet. Das System funktioniert auch auf Mobiltelefonen und erleichtert besonders in Regionen mit schwacher Infrastruktur die Kontrolle von COVID-19-Infektionen. Denn Gesundheitspersonal kann so Informationen über Infizierte und Kontaktpersonen in Echtzeit an Gesundheitsbehörden weitergeben. Diese können dann zeitnah zum Beispiel Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung auslösen. Entwickelt wurde SORMAS vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung; im Auftrag des BMZ und kofinanziert von der EU hat die GIZ die Umwandlung in ein Open-Source-Tool sowie die Verbreitung des Systems und des COVID-19 Moduls in Nigeria und Ghana gefördert.

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Schutz für Geflüchtete

Im Nordirak leben allein im Gouvernement Duhok mehr als 370.000 Binnenvertriebene und 83.000 Syrer*innen, die vor dem Terrorregime von ISIS geflohen sind. Sie und die aufnehmenden Gemeinschaften sind von der Coronavirus-Pandemie besonders bedroht. „Umfassende Risikokommunikation und Präventivmaßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus sind für alle von großer Bedeutung – für die kurdische Bevölkerung und die Menschen in den Flüchtlingslagern ebenso wie für das Gesundheitspersonal, das sie versorgt“, sagt Projektleiter Gunnar Strote. Deshalb hat die GIZ Fortbildungen kurzfristig erweitert und zusammen mit der italienischen Nichtregierungsorganisation AISPO bis Mitte Mai knapp 1.800 Ärztinnen und Ärzte, Pflegkräfte und weiteres Krankenhauspersonal umfassend geschult. Ein Schwerpunkt liegt dabei darauf, wie Infektionen vermieden werden können. Ein anderer beschäftigt sich damit, wie erkrankte Menschen gepflegt, behandelt und im Extremfall beatmet werden. Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) unterstützt die GIZ die Regionalregierung seit 2016 dabei, das Wasser-, Bildungs- und Gesundheitssystem auszubauen.

CONNEX Irak

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Gemeinsamer Einsatz 

In Georgien hat die GIZ im Auftrag der EU und des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) im März ein Start-up mit zwölf zusätzlichen Nähmaschinen ausgestattet. Das georgische Wirtschaftsministerium stellte im Anschluss 32 weitere Maschinen zur Verfügung. Das Unternehmen verachtfachte so seine Produktionsmenge und fertigt nun mehrere Tausend Stück Schutzbekleidung pro Tag. 50 der 70 Arbeitsplätze wurden neu geschaffen.

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Mit langem Atem und Lasertechnik

„Yes we breathe“ ist eine von mehreren Sofortmaßnahmen, mit denen das Digitalzentrum in Tunesien zur Pandemiebekämpfung beiträgt. Eine Gruppe um den 23-jährigen Ingenieurstudenten Taha Grach von der Nationalen Ingenieursschule in Sousse (ENISO) entwickelte innerhalb kürzester Zeit ein einfach zu produzierendes Beatmungsgerät, um den zu erwartenden Engpass an tunesischen Krankenhäusern abfedern. Medizinier*innen haben den Prototypen zur Nutzung freigegeben. „Wir haben alle Tests mit gutem Ergebnis bestanden“, sagt Grach. Das gilt auch für die medizinischen Schutzmasken, die er und sein Kollege entworfen haben. Erst nutzten sie 3D-Drucker, doch das ging zu langsam. Mit einem neuen Design und Lasertechnologie wurde die Herstellungszeit von eineinhalb Stunden pro Maske auf zwei Minuten reduziert. 53.000 fertigten sie für Krankenhäuser an.

Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) hat die GIZ das Digitalzentrum in Tunesien seit Ende 2019 aufgebaut und im März auch eine Gruppe aus Forscher*innen und Start-ups unterstützt: Diese programmierte innerhalb weniger Tage ein neues Diagnostikmodell, das  Künstliche Intelligenz nutzt und die vom Coronavirus ausgelöste Krankheit COVID-19 anhand von Röntgenbildern der Lunge innerhalb von 15 Sekunden nachweist.

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Quizzen gegen die Ansteckungsgefahr

Ein Telefonquiz zur Corona-Prävention: Das ist eine Idee von vier GIZ-Kolleg*innen, die sie Ende März beim Hackathon der Bundesregierung eingereicht haben. Gerade in Afrika, wo nur gut ein Drittel der Bevölkerung einen Internetanschluss, aber ein Großteil einen Mobilfunkvertrag hat, können so Schutzmaßnahmen einfach vermittelt werden. „Das Telefonquiz funktioniert auf einfachsten Mobiltelefonen. Nach Anruf der Hotline navigieren die Nutzerinnen und Nutzer durch Tastendrücken spielerisch durch die Quizfragen“, erklärt Lars Wannemacher. „Call vs. Corona“ ist eine der 20 Initiativen, die beim Hackathon aus 1.500 Vorschlägen ausgewählt wurden. Der frei zugängliche Service kommt insbesondere auch Analphabet*innen zugute. Mehr dazu lesen Sie hier.

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