Ausgangssituation
Der Anteil unterernährter Menschen an der Weltbevölkerung ist im Jahr 2014 auf 12,9% gegenüber durchschnittlich 23,3% Anfang der 1990er Jahre gesunken. Die absolute Zahl unterernährter Menschen hat sich im gleichen Zeitraum aufgrund des hohen Bevölkerungs¬wachstums deutlich weniger verringert. Im Jahr 2015 litten 795 Mio. Menschen - primär in Entwicklungsländern - an Unter¬ernährung. Zudem sind 2 Mrd. Menschen, vor allem Kinder, von Mikronährstoffmangel, dem "versteckten Hunger", betroffen. Neben kurz- und mittelfristigen Einflussfaktoren sind vor allem strukturelle Faktoren für die anhaltend hohe, eng an Armut gekoppelte Anzahl unter- und fehlernährter Menschen verantwortlich.
Die Förderung des Agrarsektors mit dem Ziel der Ernährungssicherung und einer inklusiven agrarbasierten Wirtschaftsentwicklung des ländlichen Raums ist eine Voraussetzung, um Armut zu reduzieren, Einkommen zu erhöhen und die Verfügbarkeit und die Verwertung von Nahrungsmitteln zu verbessern. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, mehr Menschen den Zugang zu angemessenen Nahrungsmitteln zu ermöglichen. Agrarpolitische Konzepte sollten zentrale Entwicklungshemnisse, wie beispielsweise eine niedrige Produktivität der Landwirtschaft sowie dysfunktionale lokale und regionale Agrar- und Nahrungsmittelmärkte, adressieren. Dies gewinnt vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln und Agrarrohstoffen durch die wachsende Weltbevölkerung sowie die fortschreitende Urbanisierung weiter an Bedeutung. Bei der Ausgestaltung von Politiken, Programmen und Instrumenten sind sowohl die soziale und wirtschaftliche Differenzierung der Zielgruppen im ländlichen Raum als auch die unterschiedlichen Ausprägungen und Dynamiken des ländlichen Strukturwandels zu berücksichtigen. Agrarpolitik stellt dabei ein wichtiges Instrument zum Umgang mit ländlichem Strukturwandel dar.
Für eine umfassende Ernährungssicherung, die auch die Verbesserung des Ernährungsstatus mit einbezieht, ist Agrarentwicklung eine notwendige aber nicht hinreichende Bedingung. Eine effektive Ernährungssicherung bedarf eines multisektoralen Ansatzes. So sind neben einer bedarfsgerechten Agrarwirtschaftsförderung auch sozialpolitische Sicherungsprogramme nötig, die benachteiligte Bevölkerungsgruppen, insbesondere Frauen und Kleinkinder, adressieren.
Der intensive entwicklungspolitische Diskurs der letzten Jahre zur zentralen Bedeutung von Ernährungssicherung und Agrarentwicklung hat sich in hohen finanziellen Zusagen der internationalen Gebergemeinschaft, insbesondere der deutschen Bundesregierung, niedergeschlagen. Darüber hinaus sind zahlreiche internationale Prozesse und Vereinbarungen initiiert sowie Konzepte der Agrarpolitik und Ernährungssicherung weiterentwickelt worden. Das Kernproblem ist, dass diese jedoch nicht ausreichend aufgearbeitet und in nationalen und internationalen Prozessen und Ansätzen der EZ positioniert sind.
Ziel
Das Modulziel des Sektorvorhabens ist: Aktuelle Konzepte der Agrarpolitik und Ernährungssicherung (inkl. nutrition) sind in nationalen und internationalen Prozessen und Ansätzen der Entwicklungszusammenarbeit positioniert.
Vorgehensweise
Kernaufgabe des Vorhabens ist die Beratung des BMZ auf der Basis der vom Sektorvorhaben (weiter)entwickelten Konzepte und Ansätze zur Positionierung in nationalen und internationalen Prozessen. Diese greifen die deutsche und internationale Fach-Debatte auf sowie Erfahrungen aus der Umsetzungspraxis der Entwicklungszusammenarbeit. Sie werden über Fortbildungen systematisch und nach¬frageorientiert in Programme der Entwicklungs- und der Internationalen Zusammenarbeit sowie in internationale Organisationen und Partnerinstitutionen verbreitet. Dazu arbeitet das Vorhaben in drei eng miteinander verbundenen Handlungsfeldern zu den Themenfeldern Agrarpolitik und Ernährungssicherung (inkl. nutrition):
1) Beratung und Positionierung von BMZ,
2) Weiterentwicklung von aktuellen Konzepten und Ansätzen,
3) Förderung von Lernen und Innovation.
Die Aktivitäten des Vorhabens zielen darauf ab, dass relevante Aspekte der Agrarpolitik und der Ernährungssicherung sowohl in deutsche und internationale Prozesse, wie z.B. G7, G20, Scaling up Nutrition Prozesse sowie auf überregionaler Ebene, wie z.B. in das Comprehensive African Agricultural Development Programme (CAADP) eingespeist werden. Ein entscheidender internationaler Prozess ist die deutsche G20 Präsidentschaft Jahr 2017, zu dem das Sektorvorhaben das BMZ im Rahmen der Entwicklungsarbeitsgruppe der G20 fachlich berät. Das Vorhaben unterstützt das BMZ darüber hinaus bei entscheidenden Rechenschaftslegungsprozessen, wie z.B. beim jährlich erscheinenden Global Nutrition Report (GNR), bei der Berichterstattung zur Umsetzung der gemeinsamen Verpflichtungen zu Ernährungssicherung von EU-Kommission und Mitgliedsstaaten sowie bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Monitoringsystems der G7 Arbeitsgruppe zu Ernährungssicherung im Nachgang der deutschen Präsidentschaft im Jahr 2015.
Das Vorhaben beteiligt sich an bestehenden regionalen und internationalen Fach-Netzwerken (vor allem: Fachverbund SNRD Africa), gestaltet Fachveranstaltungen, Konferenzen und fachliche Netzwerke und kooperiert mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen. In diesem Rahmen werden Ansätze, Konzepte und Praxisbeispiele aufgearbeitet und in der Fachöffentlichkeit diskutiert und kritisch bewertet. Von ausgewählten Vorhaben in Partnerländern werden Konzepte und Ansätze zu Agrarpolitik und Ernährungssicherung getestet, Praxiserfahrungen aufbereitet und weiterentwickelt. Ein besonderer Fokus wird dabei auf gender-sensitive Maßnahmen gelegt. Erfolgreiche Ansätze werden dann in Programmkonzeptionen verankert. Ein Kernkonzept, dass im Rahmen des Projektes weiterentwickelt wird, bezieht sich auf die Ausgestaltung von ernährungssensitiven Ansätzen zur Förderung der Landwirtschaft (nutrition-sensitive agriculture). Im Rahmen des Im Rahmen der Aktivitäten des Arbeitskreises Welternährung unter der Leitung von BMZ und BMEL, arbeitet das Sektorvorhaben mit deutschen Organisationen der Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Privatwirtschaft und der Öffentlichkeit zu Themen der Ernährungssicherung zusammen.
Empfänger von Finanzierungen sind z.B. internationale Organisationen, Nichtregierungs-organisationen, Forschungs- und Fortbildungsinstitutionen. Finanzierungen dienen der Konzeptentwicklung, der Durchführung von Studien, Dialogveranstaltungen, Fortbildungen und der Erprobung innovativer Ansätze.
Wirkungen
Aufbauend auf den Wirkungen des Vorgängerprojektes soll im Rahmen des Vorhabens das BMZ darin beraten und unterstützt werden, sich in den Themenfeldern Agrarpolitik und Ernährungssicherung auf politischer Ebene in nationale und internationale Prozesse einzubringen und zu positionieren. Die vom Sektorvorhaben entwickelten Konzepte und Ansätze finden im Zuge dessen nationale und internationale Verbreitung und Verankerung. Darüber hinaus finden weiterentwickelte Ansätze und Konzepte über eine gezielte Zusammenarbeit mit Vorhaben Eingang in Projekte in Partnerländern. Breitenwirksamkeit wird erreicht, indem über Fortbildungsmaßnahmen und aktive Beteiligung an Fachnetzwerken, die auf ein breites Spektrum an Akteuren und Mittlern ausgelegt sind, die konzipierten Inhalte international auf unterschiedlichen Ebenen in Entscheidungsprozesse einfließen.