RIICE: Satellitendaten zur Vorhersage der Reisproduktion und Versicherung von Ernteausfällen in Asien
Projektkurzbeschreibung
Bezeichnung: RIICE: Satellitendaten zur Vorhersage der Reisproduktion und Versicherung von Ernteausfällen in Asien
Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ); Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)
Länder: Kambodscha, Indien, Thailand und Indonesien, Viet Nam
Partner: International Rice Research Institute (IRRI). Sarmap SA. Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Swiss Re
Politischer Träger: Sekretariat des Verbandes südostasiatischer Nationen (Association of Southeast Asian Nations – ASEAN), Abteilung für Ernährung, Agrar- und Forstwirtschaft (Food, Agriculture and Forestry Division)
Gesamtlaufzeit: 2012 bis 2019
Ausgangssituation
Als eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen der Erde bietet Reis mehr als dreieinhalb Milliarden Menschen Ernährungssicherheit. Ein Großteil der Reisproduktion erfolgt in Asien: Auf 140 Millionen Hektar Land – eine Fläche größer als Südafrika – werden 90 Prozent der weltweit verfügbaren Reismenge angebaut. Reis ist somit die Haupteinnahmequelle für die Bäuerinnen und Bauern in Asien. Allerdings hat die gesamte Region mit extremen Wetterbedingungen zu kämpfen: Überschwemmungen, Taifune und Dürreperioden sind an der Tagesordnung, und immer wieder werden Ernten vernichtet.
Vor diesem Hintergrund sind frühzeitige und präzise Informationen über den Reisanbau und die zu erwartenden Ernten wesentlich für die Ernährungssicherheit. Wenn Katastrophen in einem Land zu massiven Ernteeinbußen führen und eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln bedrohen, unterstützt üblicherweise die jeweilige Regierung ihre Bäuerinnen und Bauern durch Soforthilfen. Ad hoc geleistete finanzielle Katastrophenhilfen sind jedoch schlecht planbar und stellen eine erhebliche Belastung für den Staatshaushalt dar. Folglich suchen die Regierungen nach langfristigen Risikomanagementansätzen. Ein Instrument, das eine Verlagerung des finanziellen Risikos von Naturkatastrophen ermöglicht, sind Ernteausfallversicherungen. Sie können helfen, die finanziellen Auswirkungen auf die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu bewältigen.
Ziel
Durch satellitengestützte Ernteausfallversicherungen wird die Anfälligkeit von kleinen Reisbäuerinnen und Kleinbauern im Hinblick auf extreme Wetterereignisse verringert und ihre wirtschaftliche Situation gestärkt.
Vorgehensweise
Unter dem Namen „RIICE“ (Remote Sensing-based Information and Insurance for Crop in Emerging Economies) werden detaillierte Informationen über rund 15 Millionen Hektar Reisanbauflächen in Kambodscha, Indien, Indonesien, Thailand und Vietnam gesammelt und ausgewertet. Zu Beginn des Vorhabens erhielten die asiatischen Partnerländer Hilfe bei der Entwicklung einer satellitengestützten Technologie, durch die ihnen zeitnah präzise Informationen über die Reisanbauflächen, die Ernteerträge und die geschätzten Ausfälle zur Verfügung stehen. Die Grundlage dafür bildet das Satellitensystem Sentinel der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), das in regelmäßigen Abständen kostenlos verfügbare Momentaufnahmen von ganz Asien macht. Sentinel nutzt einen Radarsatelliten, der große Teile der Erdoberfläche mit elektromagnetischen Wellen abtastet. Er kann auch dichte Wolkendecken durchdringen und ermöglicht somit die Überwachung der Reisfelder auch während des Monsuns, der Hauptanbauzeit für Reis. In den ersten Jahren ging es darum, diese innovative Technologie in den Pilotgebieten der Partnerländer zu erproben und zu validieren. Nun stehen die Ausweitung der Technologie und die Verwendung der vorliegenden Daten im Fokus.
Seit 2015 wurden im Rahmen des Vorhabens Vereinbarungen mit den Partnerregierungen und mit regierungsnahen landwirtschaftlichen Einrichtungen unterschrieben und die Partnerländer werden dabei unterstützt, die Technologie landesweit einzusetzen und ihre Anwendungsmöglichkeiten zu nutzen. Insbesondere für Ernteausfallversicherungen spielen die SAR-Daten eine große Rolle. Die RIICE-Partnerländer haben ein Verfahren entwickelt, um mithilfe der Satelliteninformationen die Versicherungsprogramme effizienter und die Entschädigung transparenter zu gestalten. Im Schadenfall erhalten die betroffenen Bäuerinnen und Bauern schnell Hilfe und können durch eine Minimierung der Einnahmeausfälle den drohenden Ruin abwenden. Im November 2016 hat beispielsweise die Regierung des indischen Bundesstaates Tamil Nadu die RIICE-Technologie in ihr neues Versicherungssystem eingebunden. Über dieses System sind nun mehr als eine Million Bauern versichert.
Die GIZ, das Rückversicherungsunternehmen SwissRe, das International Rice Research Institute (IRRI), das Softwareunternehmen sarmap SA und die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) haben gemeinsam eine Initiative ins Leben gerufen, um die Reisanbaugebiete zu überwachen und gegen extreme Wetterereignisse abzusichern.
Wirkungen
Mehr als 300 Mitarbeiter von Regierungsinstitutionen und Agrarforschungsinstituten sind von der GIZ bislang in der Auswertung der Satellitendaten geschult worden. Dabei geht es zum Beispiel um Informationen darüber, wo und wie viel Reis in der laufenden Saison angebaut wurde, wie sich die Saat entwickelt und ob zu viel oder zu wenig Wasser auf den Feldern steht. Lange vor der tatsächlichen Ernte können die Experten auf Grundlage der Satellitendaten und mithilfe von Simulationsmodellen Prognosen über die zu erwartenden Ernteerträge aufstellen – mit einer Genauigkeit von rund 90 Prozent.
Die Behörden sind dank der Echtzeit-Überwachung und den daraus abgeleiteten Vorhersagen in der Lage, drohenden Ernteausfällen frühzeitig entgegenzuwirken. Schon lange, bevor die Ernte ausfällt, etwa weil die Setzlinge durch Unwetter vernichtet zu werden drohen, können sie Unterstützung leisten. Wie zum Beispiel in der Erntesaison im November 2015 im indischen Bundesstaat Tamil Nadu: Aufgrund der schlimmsten Dürreperiode seit über 140 Jahren bestand die einstige „Reisschale“ Indiens nur noch aus brachliegendem Land. Nach einer schweren Dürre 2017 konnten dank der Informationen aus dem RIICE-Projekt mehr als 22.500 Reisbäuerinnen und Reisbauern innerhalb von drei Monaten mit durchschnittlich 255 Euro für die Ernteausfälle entschädigt werden. Dies hätte sonst bis zu ein Jahr in Anspruch genommen.