Zugang zu Recht und Rechtsstaatlichkeit für die Bürger Kosovos

Projektkurzbeschreibung

Bezeichnung: Reform in Justiz und Verwaltung
Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Land: Kosovo
Politischer Träger: Kosovarischer Justizrat (KJC)
Gesamtlaufzeit: 2019 bis 2021

Ausgangssituation

Mehr als zehn Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos sind sowohl die Rechtsstaatlichkeit als auch der Zugang zu Recht für die Bürger*innen des Landes nach wie vor schwach entwickelt. So fehlen nach wie vor zentrale Elemente, die für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Bürger*innen und Staat sowie ein attraktives Geschäftsklima notwendig sind. Die Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren sind langwierig und hindern die Bürger*innen daran, sich gegen Verwaltungsentscheidungen zur Wehr zu setzen. Darüber hinaus werden die Gerichte daran gehindert, ihre Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung angemessen auszuüben und dadurch zu einer wirksamen Gewaltenteilung beizutragen. Diese Defizite im Justizwesen erschweren auch den Zugang der Bürger*innen zur Justiz und schließen in der Regel einkommensschwache Gruppen aus, insbesondere in ländlichen Gebieten. Gleichzeitig kommt dem Umweltschutz eine entscheidende Bedeutung für die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Kosovos zu. Dennoch werden Geldbußen für Umweltverstöße nach wie vor kaum durchgesetzt, so dass von den gesetzlich angedrohten Strafen keine abschreckende Wirkung ausgeht.

Ziel

Die Transparenz und Effizienz des Rechtsreformprozesses in Kosovo ist verbessert.

Vorgehensweise

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Öffentliche Verwaltung Kosovos bietet die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Schulungen für Beamtinnen und Beamte an: in den Schulungen wird vermittelt, wie sich Verwaltungsentscheidungen verbessern lassen, beispielsweise durch die Angabe der entsprechenden Rechtsgrundlagen, der möglichen Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung sowie durch eine besser verständliche Begründung. So lassen sich die Transparenz und damit die Akzeptanz der Entscheidungen bei den Bürger*innen erhöhen. Parallel dazu werden die Verwaltungsrichter am Eingangsgericht Pristina an der Justizakademie in der Anwendung des Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechts geschult, um die Zahl der entschiedenen Fälle zu erhöhen. 

Ziel der GIZ ist es auch, die Kapazitäten des Inspektorats des Ministeriums für Umwelt und Raumplanung zu erhöhen, damit Bußgelder gesetzeskonform erlassen konsequent durchgesetzt werden. Darüber hinaus ist geplant, ein wirksames Beschwerdeverfahren einzurichten und für eine bessere Koordination zwischen den verschiedenen beteiligten Institutionen zu sorgen. Dazu zählen insbesondere das Inspektorat des Ministeriums für Umwelt und Raumplanung, die Abteilungen für Bußgeldsachen der Eingangsgerichte, die Verwaltungsabteilung des Eingangsgerichts in Pristina und die Gerichtsvollzieher.

Der Aufbau eines effektiven und menschenrechtsbasierten Rechtssystems ist ein wichtiger Schritt, um den Zugang zu Recht Bürger*innen zu verbessern. Die GIZ unterstützt die Agentur für Kostenlose Rechtsberatung bei ihren Bemühungen um eine bedarfsgerechte und fundierte Rechtsberatung, insbesondere im ländlichen Raum. Dazu gehören Maßnahmen zur institutionellen Effizienzsteigerung sowie Schulungen für die Rechtsberater*innen in relevanten Bereichen, etwa im Sozial-, Familien- und Eigentumsrecht. Außerdem zielt die GIZ darauf ab, die Dienstleistungen der Agentur für Kostenlose Rechtsberatung zu fördern und die Bürger*innen über ihre Möglichkeiten zu informieren. Besonderes Augenmerk wird auch aufden sensiblen Umgang mit Fällen häuslicher Gewalt gelegt.

Nach der offiziellen Ernennung von Richter*innen und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Norden Kosovos unterstützt die GIZ weiterhin den Aufbau des Eingangsgerichts in Mitrovica. In enger Abstimmung mit der Gerichtsleitung werden Mängel bei der Bearbeitung von Fällen identifiziert und behoben, um die Zahl der entschiedenen Fälle zu erhöhen und den Rückstau anhängiger Verfahren zu verringern. Darüber hinaus werden die Kapazitäten für die Durchführung von zweisprachigen Gerichtsverhandlungen verbessert. Durch ein bedarfsgerechtes Ausbildungsangebot in serbischer Sprache, das in Zusammenarbeit mit der Justizakademie entwickelt wurde, sollen die individuellen Fähigkeiten von Richter*innen gestärkt werden. Die Ausbildungsmaßnahmen werden von Veranstaltungen zur Förderung des beruflichen Austauschs zwischen Justiz- und Verwaltungspersonal aus verschiedenen Regionen begleitet. Darüber hinaus werden die Bürger*innen über die Vorteile des neuen Gerichts und die Voraussetzungen für die Einreichung von Klagen aufgeklärt.

Wirkungen

In den letzten Jahren hat die GIZ die Justizakademie Kosovos auf ihrem Weg zu einem modernen Ausbildungszentrum begleitet, das bedarfsgerechte Lehrgänge mit einer standardisierten, modernen Methodenlehre für Richter*innen, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Justizbedienstete anbietet. Als Ergebnis dieser Maßnahmen wurden unter anderem mehrere Veröffentlichungen erstellt, darunter juristische Kommentare und Handbücher, ein juristisches Wörterbuch und ein Studienbuch zur Einführung in das kosovarische Recht.

In Zusammenarbeit mit der Agentur für die Gleichstellung der Geschlechter hat die GIZ die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in der Verwaltung und der Rechtsprechung identifiziert und thematisiert. Die Interventionen haben dazu geführt, dass ein größerer Teil des Budgets für geschlechtsspezifische Maßnahmen reserviert wird und dass das Recht durch die Verwaltung und die Gerichte gerechter angewendet wird. Der Kampf gegen häusliche Gewalt wurde durch eine Überprüfung und Reform der Standardverfahren unterstützt.

Die Integration der neu ernannten Richter*innen und Staatsanwältinnen bzw. Staatsanwälte aus Nordkosovo wurde durch ein zusammen mit der Justizakademieerarbeitetes Orientierungsprogramm begleitet. Die im Rahmen dieses Programms ermittelten Bedürfnisse wurden später durch die Entwicklung eines Ausbildungsangebots in serbischer Sprache berücksichtigt.

Die GIZ hat die Agentur für Kostenlose Rechtsberatung bei der Einrichtung von acht Rechtshilfezentren in ländlichen Gebieten unterstützt, in denen Bürger*innen mit niedrigem Einkommen eine kostenlose Beratung erhalten. Im ersten Halbjahr 2019 konnte so in 520 Fällen Rechtsberatung geleistet werden.