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21.06.2022

„Von Wasserstoff als Energiequelle profitieren alle“

Frank Mischler arbeitet in Brüssel für die europäische Energiewende. Im Interview berichtet er über neue Entwicklungen und die mögliche Rolle der GIZ.

Portrait von Frank Mischler

Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Abhängigkeit der Europäischen Union (EU) von Öl- und Gasimporten aus Russland noch einmal deutlich gemacht. Die EU will den Umstieg auf erneuerbare Energien weiter beschleunigen, eine wichtige Rolle soll dabei Wasserstoff spielen.

Im Power-to-X (PtX) Hub, ein internationales Kompetenzzentrum für nachhaltige Wasserstoff-Produktion aus erneuerbaren Energien, berät die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Partner aus dem öffentlichen Sektor und der Wirtschaft, um den Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Industrie zu vollziehen. Beauftragt ist sie dabei durch das Bundesumweltministerium und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima.

Frank Mischler leitet das Brüsseler Büro des PtX Hubs. Im Interview berichtet er über die Pläne der EU zum Umstieg auf Wasserstoff und die mögliche Rolle der GIZ.

Herr Mischler, die energiepolitische Lage in Europa hat das ohnehin große Interesse an Wasserstoff weiter verstärkt. Wie könnte Wasserstoff als Energiequelle für die EU genutzt werden?

Wasserstoff wird Öl oder Gas als Energiequelle nicht eins-zu-eins ersetzen. Wasserstoff kann nur ein Teil des Umstiegs auf erneuerbare Energien sein, wenn auch ein wichtiger. Die EU hat die Ziele für die Nutzung von Wasserstoff im Mai noch einmal hochgeschraubt: 10 Millionen Tonnen von „grünem“ Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, sollen bis 2030 innerhalb der EU produziert werden. Dafür sind etwa 40 Gigawatt erneuerbare Energie erforderlich. Das entspricht einem Viertel der aktuellen Windenergie (Festland), die in der EU generiert wird. 10 Millionen weitere Tonnen sollen in die EU importiert werden. Grüner Wasserstoff kann besonders in südlichen Ländern mit guten Bedingungen für Solar- und Windenenergie produziert werden. Für die EU sind deshalb die Länder südlich des Mittelmeers attraktive Partner. Dieser Umstieg wird den Energiemarkt deutlich verändern.

Welche Rolle spielt die GIZ dabei?

Die GIZ ist ein idealer Partner, um die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern zu vertiefen. Wir sind in diesen Ländern, etwa in Nordafrika, seit vielen Jahren präsent und kennen die lokalen Bedingungen und Ansprechpartner.

Solarpanels in Marokko

Was haben die Entwicklungs- und Schwellenländer davon?

Der Transport von unverarbeitetem Wasserstoff ist zum jetzigen Zeitpunkt noch teuer und ineffizient. Es ist also gut vorstellbar, dass Unternehmen dort Produktionsstandorte zur Weiterverarbeitung aufbauen, wo der Wasserstoff produziert wird. Gleichzeitig ist die Produktion für die Länder aber auch ein Hebel, damit die eigene Wirtschaft klimaneutral wird. Unsere Partner vor Ort wissen, dass wir bei diesen Entwicklungen ihre Interessen kennen und vertreten und Lösungen entwickeln, von denen auch sie profitieren.

Welche Schritte sind nun wichtig, damit die Produktion für alle Seiten ein Erfolg wird?

Es muss von Anfang an verbindliche Kriterien für eine nachhaltige Produktion geben. Darin muss geklärt sein, wie sich die Wasserstoffproduktion u.a. auf die lokale Energieversorgung, Landnutzung und den Umweltschutz auswirkt. Dafür haben wir im PtX-Hub bereits Leitlinien aufgezeichnet. Um die Produktion schnell aufzubauen, braucht es außerdem eine strukturierte Finanzierung. Dafür hat die EU kürzlich ein neues Instrument angekündigt, die globale Europäische Wasserstoff-Fazilität (Global European Hydrogen Facility). Mit dem deutschen Förderprojekt H2Global, dass die Produktion von grünem Wasserstoff (H2) und Power-to-X-Produkten (PtX) vorantreibt, hat die GIZ ein ähnliches Instrument für die Bundesregierung aufgebaut. H2Global arbeitet nun mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft zusammen, um Abnahmeverträge mit Produzenten zu schließen. Wie genau das Finanzierungsinstrument der EU aussieht ist noch offen, aber wir können unser Wissen und unsere Erfahrungen hierzu auch auf europäischer Ebene einbringen.

Das EU-Finanzierungsinstrument Global European Hydrogen Facility steht auch im Mittelpunkt des GIZ-Panels am 21. Juni bei den European Development Days (EDD), Europas führendem Forum für Entwicklungszusammenarbeit. Frank Mischler moderiert das Panel, das unter dem Motto „Energiesicherheit für den Norden, wirtschaftliche Chancen für den Süden“ steht. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

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