Mehrere Frauen nähen Kleidung in einer Fabrik.
© GIZ/Noor Alam

27.03.2023

10 Jahre Rana Plaza: „Harte Spielregeln, Raum für Verbesserungen“

Beim Einsturz einer maroden Textilfabrik in Bangladesch starben 2013 mehr als 1.100 Menschen. Seither hat sich die Textilproduktion dort stark verändert.

Eine Person im Anzug.

Ein eingestürztes Fabrikgebäude, 1.134 Tote und etwa 2.500 Verletzte: Knapp zehn Jahre nach dem Unglück von Rana Plaza hat sich in Bangladeschs Textilproduktion vieles verändert. Nur eines ist gleichgeblieben: Jahr um Jahr produziert das südasiatische Land mehr T-Shirts, Hosen und Pullis für den Export. Ein Gespräch mit Werner Lange, der die Textilprojekte der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH dort koordiniert.


Herr Lange - könnte Rana Plaza heute noch einmal passieren?

Ja und nein. Auch heute noch können mit krimineller Energie Gebäude hochgezogen werden, die nicht den Sicherheitsanforderungen entsprechen. Insgesamt hat sich die Lage für die Menschen aber deutlich verbessert. Einige der Fabriken, in denen für den Export produziert wird, zählen heute zu den sichersten weltweit.

Wie kam das?

Nach Rana Plaza war der öffentliche Druck enorm, die Lage von Spinner*innen, Färber*innen und Näher*innen zu verbessern. In einem langen, schwierigen Prozess einigten sich die Beteiligten auf Drängen internationaler Gewerkschaften hin auf ein Regelwerk, das heute der Industrie harte Spielregeln vorgibt. Sowohl die großen Modemarken als auch die Fabrikanten kommen jetzt stärker ihrer Verantwortung nach. Die Arbeitssicherheit ist gestiegen, und diejenigen, die unsere Mode herstellen, kennen zunehmend ihre Rechte und fordern sie ein.

Inwiefern hat die GIZ dazu beigetragen?

Wir haben im Auftrag der deutschen Bundesregierung bisher mit über 1.140 Fabriken zusammengearbeitet, die zusammen mehr als 1,4 Millionen Arbeitnehmer*innen beschäftigen. Unter anderem haben wir fast 400.000 Näher*innen in Frauencafés gestärkt, ihre Rechte auszuüben und Konflikte zu lösen. Wir haben staatliche Arbeitsinspekteur*innen ausgebildet, Gremien für Arbeitssicherheit mit aufgebaut und Trainings für eine umweltfreundlichere Produktion und Brandschutz durchgeführt. Besonders stolz sind wir darauf, dass wir die Einführung einer Arbeitsunfallversicherung mit ermöglicht haben. Seit Juni 2022 sind alle Menschen, die im Bekleidungssektor arbeiten, beziehungsweise deren Familien, zusätzlich abgesichert, wenn sie sich bei der Arbeit schwer verletzen oder durch Arbeitsunfälle sterben.

Zwei Personen mit Gesichtsmasken.

Welche Auswirkungen hat all das auf den Produktionsstandort Bangladesch?

Nur gute: Bangladesch bleibt nach China Hauptproduktionsland für Textilien weltweit. Große Marken wie Tchibo, Adidas und Lidl lassen hier anfertigen. Der Textilboom ist ungebrochen auf Rekordniveau.

Das ist eine gute Basis für weitere Veränderungen. Welche sind noch notwendig?

Immer noch ist der Mindestlohn weit entfernt von  einem menschenwürdigen Einkommen. Hinzu kommen viel zu lange Arbeitszeiten. Nach dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz werden wohl europäische Verordnungen und Gesetze folgen und Menschenrechten wie auch dem Umweltschutz mehr Bedeutung geben. Denn der Textil- und Bekleidungssektor stößt mehr Kohlendioxid aus als Luft- und Schifffahrt zusammen und ist für ein Drittel des Mikroplastiks in den Ozeanen verantwortlich. Kreislaufwirtschaftsmodelle sind also die nächste große gemeinsame Herausforderung – auch für Bangladesch.

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