Soziale Entwicklung: Flexibel im Einsatz gegen das Virus

In Deutschland ausgebildete Fachkräfte tragen ihre Expertise weiter in ihre Herkunftsländer. Der weltweite Ausbruch des Coronavirus fordert sie anders als geplant.

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Flexibel im Einsatz gegen das Virus

Ob Nigeria, Ghana oder Serbien: In der Corona-Krise ist der Bedarf an medizinischer Expertise weltweit größer denn je. Unterstützung bieten rückkehrende Fachkräfte, die in Deutschland gearbeitet haben und nun in ihren Herkunftsländern dabei unterstützen, das Virus einzudämmen.

Ganz in einen weißen Schutzanzug gekleidet bewegt sich Clement Meseko durch das Labor des National Veterinary Research Institute (NVRI) in Vom, Nigeria. Er ist Veterinärmediziner und in diesen Tagen ein gefragter Experte seines Landes. Denn dass sich das neuartige Coronavirus vom Tier auf den Menschen übertragen hat, kam für ihn nicht überraschend. Der Nigerianer forscht schon seit Längerem zu diesem Phänomen, das im Fachjargon Anthropozoonose genannt wird. Schon im August 2019, als von COVID-19 für die meisten noch nichts zu ahnen war, war eine mögliche Pandemie Gegenstand eines seiner Seminare in Lagos. Als sich das neue Virus im Frühjahr 2020 weltweit auszubreiten begann, kam Meseko eine wichtige Rolle zu: In ad-hoc organisierten Aufklärungsveranstaltungen teilte er sein Wissen. So informierte er Kolleginnen, Kollegen und die Öffentlichkeit über die Ursprünge und die Gefahren des Virus sowie erforderliche Präventionsmaßnahmen. 

Ausnahmesituationen erfordern Anpassungsfähigkeit

Clement Meseko ist einer von aktuell 524 sogenannten rückkehrenden Fachkräften weltweit, die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in Kooperation mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) gefördert werden. Sie sind Migrantinnen und Migranten, die in Deutschland studiert oder gearbeitet haben und dann ihr Wissen und ihre Erfahrungen bei einem Arbeitgeber in ihrem Herkunftsland weitergeben. 

Mesekos Experteneinsatz in Nigeria war ursprünglich ganz anders geplant: Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt bei der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in Bonn kehrte er 2019 in sein Herkunftsland zurück und begann kurz darauf, für das nationale veterinärmedizinische Forschungsinstitut im Bundesstaat Plateau als Forschungsleiter zu arbeiten. Zusammen mit seinem Team sollte er vor allem Krankheitsausbrüche in der landwirtschaftlichen Viehhaltung überwachen. Angesichts der sich ausbreitenden Pandemie richtete er seinen Fokus aber neu aus. „Das Coronavirus hat seinen Ursprung in Tieren. Derzeit bereitet es aber nicht den Tieren, sondern den Menschen Probleme“, erläutert er. „Wir haben unsere Arbeit hier deshalb kurzfristig so angepasst, dass wir die lokale Gesundheitsversorgung unterstützen können.“

Ab April stellte das Forschungsinstitut sein 220 Quadratmeter großes Labor auf die Untersuchung menschlicher COVID-19 Proben um. Dem Laborpersonal gab Meseko Auffrischungstrainings zu Bio- und Laborsicherheit. Um Engpässen vorzubeugen, präparierte sein Team 140.000 Behälter für das nigerianische Gesundheitsministerium, mit denen Proben von COVID-19 sicher ins Labor transportiert werden können. Bis Ende Juni führte das Institut 14.000 eigene COVID-19 Tests durch. Parallel trieb Meseko den wissenschaftlichen Austausch der Einrichtung rund um das Virus weiter voran. 

Positive Effekte von Migration für Entwicklung nutzen

So wie Clement Meseko setzen sich auch andere Fachkräfte mit Migrationsgeschichte für ihre Herkunftsländer ein. Die auf Atemwegserkrankungen spezialisierte Molekularbiologin Ivy Asantewaa Asante promovierte in Deutschland und arbeitete an einem Hamburger Institut für experimentelle Virologie. Ende 2019 kehrte die Ghanaerin nach Accra zurück, um ihr Wissen über Versuchsaufbauten zu teilen und Forschungsergebnisse über Influenza-Viren zu veröffentlichen. Nun leitet sie aufgrund der gesteigerten Nachfrage ein 35-köpfiges Laborteam. Mit schnellen Corona-Testergebnissen sorgt Asante für ein besseres Krisenmanagement.

Auch der serbische Molekularbiologe und Firmengründer Marko Panic hat in Deutschland seinen Doktortitel erlangt und an der Universität Stuttgart gearbeitet. Zurück in Serbien reagierte er zusammen mit seinem auf Maschinenbau spezialisierten Geschäftspartner blitzschnell auf die Krise: Ihre Firma „Smart Research“ entwickelt medizinische Geräte. Da für schwere Krankheitsverläufe bei Corona-Infizierten dringend Beatmungsgeräte benötigt wurden, stellten sie in nur wenigen Wochen einen Prototyp für einen mechanischen Ventilator her. „Der Ventilator wird als Bauteil für die Beatmungsgeräte eingesetzt. Derzeit werden die fünf ersten Modelle von einem Partnerinstitut für uns getestet und bei Erfolg zertifiziert. Wir wollen unsere Produktion rechtzeitig für eine weitere Infektionswelle wappnen“, erklärt Panic. 

Weil sie die Bedürfnisse in ihren Herkunftsländern sehr gut kennen, tragen Fachkräfte wie Meseko, Asante und Panic zu passenden Problemlösungen vor Ort bei. Die Expertise solcher Fachkräfte ist weltweit gefragt. Vor allem in Zeiten von Corona sind ihr Wissen und ihr Engagement essentiell. Die GIZ unterstützt in Kooperation mit der ZAV in 25 Partnerländern die tatkräftigen Einsätze.


Stand: Juli 2020

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